Friedensdelegation in Damaskus

18.06.2013
Internationale Initiative „Frieden in Syrien“ trifft sich mit Regierung und Opposition in Damaskus und dem Libanon
Seit September 2012 hat die internationale Initiative „Frieden in Syrien“ Konsultationen in und außerhalb Syriens geführt. Zwischen dem 2. und 8. Juni traf sie sich nun mit hochrangigen Vertretern der Regierung, der Opposition und mit religiösen Organisationen.
Delegation bei Kadri Shamil (r), Vizepremier und Minister

Diese internationale Initiative setzt sich aus prominenten Personen der europäischen und lateinamerikanischen Zivilgesellschaft zusammen (siehe beigefügte Liste), die wie viele andere besorgt um Frieden und Gerechtigkeit in Syrien sind. Ihr Ziel ist es, zu einem Ende von Krieg und Leid beizutragen, indem sie versuchen, günstige Bedingungen für einen politischen Prozess mittels Dialog und Verhandlungen zu schaffen.

Um dieses Ziel zu erreichen, trafen wir uns mit hochrangigen Vertretern von Staaten und verschiedenen Gruppen und Parteien der Opposition inner- und außerhalb des Landes, sowie mit religiösen Organisationen und internationalen Stellen, darunter auch Nichtregierungsorganisationen.

Wir sind dort empfangen worden, wurden über die verschiedenen Aspekte und Grundlagen des Konfliktes informiert, und wurden auch angehört.

Auf der Basis dieser Diskussionen hat die Initiative verschiedene Kernelemente einer möglichen Einigung identifiziert und die folgenden Schlussfolgerungen gezogen:

1. Der Konflikt kann nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden.
2. Es besteht die Notwendigkeit einer verlässlichen politischen Lösung, die auf Dialog und Verhandlungen basieren muss und die darauf abzielt, einen politischen Rahmen für einen Übergang zu skizzieren.
3. Ein konfessioneller Krieg ist gerade im Begriff zu entstehen, und es besteht die unmittelbare Gefahr, dass dieser grenzüberschreitend wird, was einen Friedensschluss umso dringlicher macht.
4. Der Konflikt hat katastrophale Auswirkungen auf das syrische Volk, da - wie von uns interviewte Beamte der UNO mitteilten - 6,8 Millionen Menschen der Hilfe bedürfen.
5. Das Hereinströmen und Finanzieren von Waffen, Soldaten, ausländischen Kämpfern und Milizen mit dem Ziel einer Fortsetzung des Krieges muss aufhören.
6. Das Embargo hat die Leiden der Bevölkerung verstärkt und ist ein Faktor unter andern, der die so notwendigen Hilfeleistungen behindert.
7. Das Genf II-Treffen muss durchgeführt und von allen maßgeblichen Parteien in einer Weise unterstützt werden, wie es den wirklichen gesellschaftlichen Bestrebungen des syrischen Volkes, auf der Grundlage von Gerechtigkeit für die Enteigneten, Vertriebenen und Unterdrückten, entspricht.

Im Laufe der Diskussionen wurden den Parteien verschiedene Vorschläge unterbreitet, u.a. folgende:

-Die Vorbereitung einer Konferenz der Zivilgesellschaft, möglicherweise in Österreich, um den Friedensprozess und die Wiederherstellung der syrischen Infrastruktur zu unterstützen, wobei besonderer Nachdruck auf die Rolle der Frauen im Friedensprozess gelegt werden soll.

-Die Einrichtung lokaler Zonen der Gewaltfreiheit um Krankenhäuser, Schulen, kulturelle und religiöse Zentren und ähnliche Orte mit Hilfe des Roten Halbmonds.

- Zeichen des guten Willens der Konfliktparteien vor Ort, wie die Befreiung von Gefangenen, Geiseln und gekidnappten Personen, vor allem der am meisten Schutzbedürftigen.

-Bildung einer europäischen Parlamentarierdelegation, um den Dialog zwischen den beteiligten Parteien voranzubringen.

Die Initiative glaubt, dass heute kein wichtigerer moralischer Imperativ herrschen sollte als die Beendigung des Tötens und des Leidens in Syrien. Weiteres Unglück muss verhindert werden, indem der Zerstörung der medizinischen Infrastruktur und des kulturellen Erbes ein Ende gesetzt wird. Jeder Tag, den der Krieg fortgesetzt wird, bedeutet eine weitere Erosion des sozialen Zusammenhalts der Nation und damit der Fähigkeit, einen dauerhaften, auf Gerechtigkeit beruhenden Frieden zu schaffen.

Wir glauben weiterhin, dass eine ernsthafte Lösung des Konfliktes aus einem politischen Prozess und einem Ergebnis hervorgehen sollte, das mit grundlegenden demokratischen und Menschenrechten, der Souveränität Syriens, Prinzipien des Völkerrechts sowie dem internationalen humanitären Recht übereinstimmt.

Auch wir treten für die Sicherheit aller Zivilisten ein, besonders der Schwachen, und fordern die strikteste Einhaltung des internationalen humanitären Rechts und der Menschenrechte, einschließlich der Beendigung unterschiedsloser Angriffe auf nichtmilitärische Ziele, sowie eine Verbesserung des humanitären Zugangs für den syrischen Roten Halbmond und anderer zur Lieferung und Verteilung von medizinischen Gütern, und damit auch das Ende des diesbezüglichen Embargos.

Wir glauben fest an die fundamentale Bedeutung des Prinzips der Selbstbestimmung über die souveräne territoriale und politische Einheit Syriens. Dieses sollte auch auf der Meinungsfreiheit und dem Respekt für kulturelle, ökonomische und soziale Rechte beruhen.

Wir weisen alle ausländischen Interventionen im Syrienkonflikt zurück. Wir warnen vor imperialen und regionalen Versuchen, konfessionelle Staaten zu errichten und die Karte des Mittleren Ostens neu zu zeichnen, um die Ressourcen und die Zukunft dieser Region zu kontrollieren, während gleichzeitig die unveräußerlichen Rechte des palästinensischen Volkes ignoriert werden. Die Fortsetzung militärischer Aktionen kann nur weitere Abhängigkeit, Intervention von außen und die Vervielfältigung der Opfer bedeuten und zu grenzenlosem Chaos und Zerstörung führen.

Die Initiative wird ihre Arbeit fortsetzen und für Gespräche unter den Parteien sowie für unmittelbare Maßnahmen eintreten, um die Leiden zu lindern und eine von syrischen Kräften geführte Versöhnung voranzubringen.

Beirut, den 14. Juni 2013

Übersetzung: PAX REPORT, Deutscher Friedensrat

Mitglieder der Initiative
José Raul Vera López, Mexiko– Katholischer Bischof der Diözese Saltillo
Jacqueline Campbell Davila, Mexiko -Menschenrechtsexpertin
Alejandro Bendana, Nicaragua – Historiker, Politikwissenschaftler, Experte in Friedensprozessen, zuletzt für die UN in Somalia
Engel Christiane Reymann, Deutschland – Autorin und Politikwissenschaftlerin, DIE LINKE und Partei der Europäischen Linken (EL)
Odysseas Boudouris, Griechenland – Mitglied des griechischen Parlaments und ehemaliger Vorsitzender von Médicins sans frontières in Griechenland
Francois Houtart, Belgien – World Forum for Alternative und Professor am Nationalinstitut für Höhere Studien in Ecuador
Mireille Fanon Mendès-France, Frankreich - Menschenrechtsanwältin
Evangelos Pissias, Griechenland – Professor für Wasserwirtschaft und Koordinator der Gaza-Flotille
Moreno Pasquinelli, Italien – Publizist und internationaler Koordinator des Globalen Marschs nach Jerusalem
Maria Dimitropoulou, Griechenland – Politikwissenschaftlerin beim griechischen Parlament, Expertin für Konfliktlösung
Fernando Romero Forsthuber, Spanien – Publizist und unabhängiger Filmemacher
Wilhelm Langthaler, Österreich - Experte für den Mittleren Osten und Friedensaktivist
Leo Gabriel, Österreich – Sozial-Anthropologe, Mitglied des Internationalen Komitees des Weltsozialforums

Verweise