Die Linke und der Islam

01.08.2001

Diskussion am Antiimperialistischen Sommerlager

Das Verhältnis der antiimperialistischen Linken zum Islam und zu islamistischen Bewegungen war Thema einer zum Teil sehr kontroversiell geführten Debatte am Antiimperialistischen Sommerlager. Die Diskussion dieser Frage war schon in den vergangenen Jahren fester Bestandteil des Treffens verschiedenster antiimperialistischen und revolutionärer Organisationen und sollte dieses Jahr weiter geführt werden.

Unterschiedliche Erfahrungen

Am Podium nahmen Vertreter vier Delegationen Platz, die alle ihre politische Aktivität in islamisch geprägten Staaten bzw. Regionen entfalten: die Afghan Liberation Organisation (ALO), Treue zum Menschen und zur Erde (Libanon), Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) und das Nigerian Liberation Movement (NLM). Von Beginn wurde festgestellt, dass die Erfahrungen der Delegationen mit dem politischen Islam durchaus sehr unterschiedlich waren.

Der nigerianische Teilnehmer betonte, dass das Bild eines homogenen Islam oder eines homogenen politischen Islam, das vor allem viele westliche Linke mit sich führen, eurozentristisch sei. Der Umgang mit dem Islam sei von Land zu Land und selbst von Region zu Region unterschiedlich zu bewerten. Auch das Verhältnis der verschiedenen Strömungen innerhalb des politischen Islams ist zum Teil ein antagonistisches. Dieser Einschätzung wurde vom Rest des Podiums zum größten Teil zugestimmt.

Die Differenzen am Podium ergaben sich vor allem in der Frage, wie sich die revolutionäre Linke zum politischen Islam verhalten solle. Die ALO verwies auf die spezifische Situation in ihrem Land, in dem die islamistische Bewegung vor allem nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen massiv vom US-Imperialismus unterstützt wurde. Daraus ableitend meinte der Vertreter der ALO, dass islamistische Bewegungen sich zu jeder Zeit vom Imperialismus gegen die revolutionären Bewegungen instrumentalisieren lassen könnten.

Positionen der PFLP und DHKC

Naturgemäß anders wurde dies von den palästinensischen Delegationen bewertet. Die Delegation aus dem Libanon, deren Organisation sich besonders in den palästinensischen Flüchtlingslagern engagiert, verwies auf den erfolgreichen antiimperialistischen Kampf der Hisbollah gegen die israelische Besatzung und setzte dies in Vergleich mit der Unterstützung weiter Teile der libanesischen Linken für die proimperialistische Regierung. Ihrer Meinung nach könnte antiimperialistische Linke aus den Methoden der Islamisten lernen. Ein Bündnis mit diesen Kräften ist für sie unvermeidlich. Der Vertreter der PFLP sah in den unüberbrückbaren Unterschieden zwischen der islamischen und der revolutionären Bewegung in der Situation des Kampfes für nationale Befreiung einen Nebenwiderspruch. Dieser muss einem gemeinsamen Kampf gleichberechtigter Bündnispartner untergeordnet werden.

Ein Vertreter der türkischen Volksbefreiungsfront ((DHKC) meinte aus dem Publikum, dass die Frage der Beziehungen zu islamischen Bewegungen flexibel zu beurteilen sei. In der Türkei existieren sowohl die von der Regierung aufgebaute Hisbullah, welche als Konterguerilla gegen die Linke operiert, wie auch die zur Regierung oppositionelle verbotene islamische Partei.