Wir protestieren gegen das Verbot der Tageszeitung Yeni Evrensel

22.03.2001

Mittwoch, 21. März 2001

Die Tageszeitung Yeni EVRENSEL für sieben Tage verboten!

Das Istanbuler Staatssicherheitsgericht-DGM verhängt gegen die Tageszeitung EVRENSEL eine Woche Erscheinungsverbot. Als Grund für die Schließung wurde der Artikel mit dem Titel "Freunde, ich muß diesen Fall unbedingt weiterverfolgen", der am 08.Januar 2001 erschien, angegeben. Dieser Artikel wurde anlässlich des Todestages von Metin Göktepe, Journalist von Evrensel verfasst. Metin Göktepe war am 08.01.1996 von Polizisten zu Tode geprügelt worden, als er einen Demonstrationszug begleitete. In dem Artikel wird der Fall Göktepe exemplarisch dargestellt und die Angriffe gegen die oppositionelle Presse und gegen die Journalisten dokumentiert. Weiterhin wurde in dem Artikel kritisiert, dass damalige Verantwortlich, insbesondere der Polizeipräsident von Istanbul Orhan Tasanlar und sein Stellvertreter Kemal Bayrak, bisher nicht vor Gericht gestellt wurden.

Das Urteil des Staatssicherheitsgerichtes, was vom Kassationsgericht bestätigt wurde, wurde auf der Grundlage des Anti-Terror-Gesetzes, Paragraph 2/1 verhängt und folgendermaßen begründet; " Einige Personen des Staatsicherheitsdienstes werden den Terrororganisationen als Zielscheibe dargestellt". Der Inhaber der Zeitung Yeni EVRENSEL Fevzi Saygili und der Chefredakteur Ali Karatas wurden zu einer Geldstrafe von 720 Millionen Türkische Lira verurteilt. Das Urteil wurde am Abend des 20. März ausgehändigt.
Während die Koalitionsparteien (DSP, MHP, ANAP), der Staatspräsident, der Präsident des Kassasionsgerichtes und andere " Hohe Persönlichkeiten" von der Demokratisierung des Landes sprechen, belegt das Urteil, wie unehrlich solche Erklärungen sind. Die Regierung verkündete noch vor einigen Tagen das sogenannte " Neue Nationale Wirtschaftsprogramm". Unser Zeitung Evrensel hat das Programm offen kritisiert und als Werk der Weltbank, IWF und der USA bezeichnet, wodurch die rentabelsten Wirtschaftszweige (Energie, Telekommunikation, Transport etc) des Landes im Rahmen der Privatisierungen für internationale Konzerne geopfert werden sollen und versucht wird, die Lasten der jüngsten Wirtschaftskrise den Werktätigen aufzubürden.

Gegen das verkündete neue Wirtschaftsprogramm organisieren Gewerkschaften und fortschrittliche Parteien und Organisationen den Widerstand. Die "Plattform der Arbeit" (bestehend aus Gewerkschaftskonföderationen und andere demokratische Massenorganisationen) hat für die nächste Zeit Massenaktionen angekündigt. Der Wiederstand der Werktätigen formiert sich. Die Stimme der Werktätigen, Evrensel, ist in so einer Zeit notwendiger denn je. Daher ist das Verbotsurteil gegen unser Zeitung gerade zum jetzigen Zeitpunkt kein Zufall. Gleichzeitig ist das Urteil eine offene juristische Unterstützung für das neue Wirtschafsprogramm und für den verantwortlichen Exportstaatsminister- aus dem Hause der Weltbank, Kemal Dervis.

Die Schließung der " Yeni Evrensel" soll die Werktätigen daran hindern, ihre Stimme zu erheben. Evrensel bezieht sein Kraft aus den Werktätigen, aus den Arbeitern und aus den fortschrittlichen Kräften dieses Landes. Deshalb werden wir nach einer Woche dort weitermachen, wo wir gestern stehengeblieben sind. Wir werden nicht schweigen!

Ihsan Caralan
Hauptverantwortlicher Chefredakteur der Tageszeitung Yeni EVRENSEL

Serdar Derventli
Leiter der Europaausgabe der Tageszeitung Yeni EVRENSEL

Text der Unterschriftenliste zur Unterstützung der Tageszeitung Yeni Evrensel

Wir haben heute erfahren, dass die türkische Tageszeitung Yeni EVRENSEL vom Istanbuler Staatssicherheitsgericht (DGM) für sieben Tage verboten worden ist. Als Grund für die Schließung wurde ein Artikel mit dem Titel "Freunde ich muss unbedingt weiterverfolgen", der am 08.Januar 2001 erschien, angegeben. Dieser Artikel wurde anlässlich des Todestages von Metin Göktepe, Journalist von Evrensel, verfasst. Der Journalist Metin Göktepe war am 08.01.1996 von Polizisten zu Tode geprügelt worden. Der Fall erregte weltweites Aufsehen und galt amnesty international als Beispiel für Menschenrechtsverletzungen in der Türkei.

In dem nun von der türkischen Justiz inkriminierten Artikel wird der Fall Göktepe exemplarisch dargestellt und darüber hinaus die Angriffe gegen die oppositionelle Presse und Journalisten dokumentiert. Weiterhin wurde in dem Artikel kritisiert, dass damalige Verantwortliche - insbesondere der Polizeipräsident von Istanbul, Orhan Tasanlar, und sein Stellvertreter Kemal Bayrak – bis heute nicht vor Gericht gestellt wurden.

Wir protestieren auf das Schärfste gegen das vom das Istanbuler Staatssicherheitsgericht DGM verhängte Zeitungsverbot und bekunden unserer Solidarität mit den Kolleginnen und Kollegen der türkische Tageszeitung Yeni EVRENSEL. Ferner rufen wir die Bundesregierung auf, sich verstärkt bei der türkischen Regierung für die Einhaltung der Menschenrechte und die Pressefreiheit einzusetzen.

Es kann und darf nicht akzeptiert werden, dass ein politischer und wirtschaftlicher Partner unseres Landes derart mit den demokratischen Rechten seiner Bevölkerung umgeht.

Proteste an:
Staadtspräsident 00-90-312 427 13 30
Ministerpräsident 00-90-312 418 57 43
Justizministerium 00-90-312 417 38 54
Staatsicherheitsgericht 00-90-212 227 76 42

Solidaritätschreiben an:
Yeni Evrensel-Europaredaktions: 00-49-221-912 91 37
E-Mail: avrupa@evrensel.de