Warum wir uns dem Gegengipfel von ATTAC nicht anschließen

27.06.2001

Eine "andere Globalisierung" gibt es nicht!

Warum wir uns dem Gegengipfel von ATTAC nicht anschließen und in Salzburg zu einer antiimperialistischen Mobilisierung aufrufen

Eine "andere Globalisierung" gibt es nicht!
Die einzige Alternative ist der Verteidigungskampf der Ausgestoßenen und verarmten Völker gegen die kapitalistische Globalisierung.

ATTAC, einige NROs (Nicht-Regierungsorganisationen), Grüne und die KPÖ rufen in Salzburg zu einem Gegengipfel für eine "andere Globalisierung" auf. Eröffnet wird er vom AK-Präsidenten Salzburgs. Mit dabei sein werden Vertreter von ATTAC, der Koalition zur Besteuerung und Kontrolle der Finanzmärkte, osteuropäische Linksparteien, die ein "soziales Europa" einfordern und zahlreiche NROs aus dem Bereich des "gerechten", "nachhaltigen" und alternativen Wirtschaftens und Handelns.
Obgleich die antiimperialistische Koordination den gemeinsamen Protest einer möglichst großen Zahl von Initiativen gegen den WEF-Gipfel begrüßt und sich an der Mobilisierung für eine breite Protestdemonstration beteiligt, unterstützen wir politisch das Projekt des Gegengipfels aus folgenden Gründen nicht. Das gilt ebenso für die politische Linie der die Bewegung majorisierenden Kräfte.

1. "Globalisierung per se" sei "nicht schlecht"
Globalisierung ist kein abstrakter Prozess, der unterschiedlich gestaltbar ist. Es ist die konkrete, einzige und (unter kapitalistischer Logik) vernünftige Form der internationalen Politik und kapitalistischen Wirtschaft nach dem Sieg im "Kalten Krieg". Unter politisch-militärischer und kultureller Führung der USA im Bündnis mit den kapitalistischen Zentren in Europa und Japan läuft ein neokoloniales Rollback gegen die erkämpfte Souveränität und Unabhängigkeit der Völker und die damit verbundenen politischen und sozialen Rechte, um das kapitalistische Gesellschaftsmodell wirtschaftlich und politisch zu sichern.
Die Überwindung der nationalen Grenzen – die nicht nur von ATTAC, sondern auch den antinationalen "no nation/no border"-Autonomen und den Trotzkisten der "Globalisierung von unten" als positiver Schritt der Überwindung des Nationalismus bejubelt wird – bedeutet konkret die nie dagewesene Verschärfung der Gegensätze zwischen den Völkern – also eine Verstärkung der Grenzen –und die Zerstörung jeglicher sozialer, politischer und kultureller Opposition durch ein totalitäres Einheitsmodell des "demokratischen", liberalen und individualistischen Kapitalismus.
Die Globalisierung ist das Gegenteil der Gleichheit der Nationen, die einzig den Weg zur langfristigen Überwindung der nationalen Grenzen eröffnen kann. Die Globalisierung bedeutet Ungleichheit und Unterwerfung und wird daher von einem gerechten, fortschrittlichen und unterstützenswerten Kampf zur Verteidigung der nationalen Unabhängigkeit der unterdrückten Völker beantwortet.

2. Regierungsvertreter würden sich von einer Wirtschaft "missbrauchen" lassen, die der politischen Kontrolle entglitten sei
Die transnationalen Konzerne könnten ohne die neoliberale Politik, ohne die politisch-militärische Staatsgewalt, ihren Eroberungsfeldzug nicht durchführen. "Die Politik" – konkret die neoliberalen Regierungen - sind nicht Opfer der Globalisierung, sondern ihr Generalstab, gleichgültig ob dessen Tarnkleidung konjunkturell gerade linksliberal-sozialdemokratisch oder konservativ gefärbt ist. Ohne die humanitären Bomben der Clintons und Fischers, ohne die Entdemokratisierung durch das De-facto-Einheits-Parteiensystem, das keine Alternative jenseits der populistischen Polit-Show kennt, ohne die korrupten System-Medien, die zu einem perfiden Mittel von Krieg, Befriedung und Beherrschung geworden sind, letztlich ohne die Interventions-Armeen der kapitalistischen Staaten (mit oder ohne UNO-Mandat) wäre der Raubzug der Konzerne unmöglich. Wirtschaft, Politik und Medien sind die kapitalistische Globalisierung, keiner ist Opfer, sondern alle Täter.

3. Kontrollinstrumente wird es nur als Legitimationsinstrumente geben
Eine Kontrolle der Finanzmärkte durch und im Interesse "der Bürger" ist nicht möglich. Konkret ist es nur denkbar (und wird so auch zunehmend praktiziert) durch eine linksliberale, sozialdemokratische Regierung, die zur Imagepflege einige NROs einbindet, um so unter dem neuen Schein alles beim Alten zu lassen. Auf internationaler Ebene ist das höchste der Gefühle die mit der NATO gleichgeschaltete UNO und ihr perfider "Internationaler Gerichtshof" in Den Haag, die den Kriegsverbrechern den Mantel der Menschenrechtsverteidiger umhängen. Gerade diese "Instanzen der Zivilgesellschaft" machen die Globalisierung in ihrer zynisch-humanitären Form aus und sind wesentlich für ihre Hegemonie im Westen. Zu diesem Spiel der Herrschaftsabsicherung gehört auch eine Vielzahl von NROs, die die "Nachhaltigkeit" dieses Systems garantieren, indem sie dem "aussichtslosen" politischen Kampf gegen ein unveränderbares System als einzige Alternative die "Charity" gegenüberstellen, damit die Exzesse des Systems nicht so spürbar sind.

4. Mit abstrakten Phrasen an den konkreten Fragen vorbeisehen
Es mag im Westen das ständige Anrufen der "besseren Welt" anziehend wirken, da so der Schein einer moralisch-ethisch reinen und dem liberalen Gewissen vertrauten Alternative gezeichnet wird. Mit dem unbefleckten Begriff der Zivilgesellschaft bekommt diese ihr handelndes Subjekt, das sich schön von "autoritären Klassenkampfmodellen" abhebt. Das beschämende ist, dass dadurch die konkreten Kampfplätze aus den Sorgen des "reinen Geistes" schlichtweg ausgespart bleiben, denn für ihn sind diese realen Kämpfe zu "schmutzig": was ist mit der palästinensischen Intifada, was ist mit Jugoslawien und der NATO, den Hungerblockaden gegen den Irak und andere "Schurkenstaaten" oder dem kolumbianischen Volkskrieg? Was ist mit der EU-Osterweiterung? (Hier konkretisiert sich die Losung des Gipfels in EU "per se" ja, aber sozial abgefedert. Wiederum bleibt realpolitisch nur das Ja zur EU mit einem sozialen Bekenntnis zur Gewissensberuhigung und Integration von Missmut über real existierende EU-Entdemokratisierung und EU-Sozialabbau – leider mit Beteiligung der KPÖ.) Von all diesen Fragen kein Wort. Genau das nimmt der Bewegung eine enorme Kraft, denn sie kümmert sich nicht um jene politischen Brennpunkte, wo die Globalisierung tatsächlich bereits abgewirtschaftet hat und von den verarmten Volksmassen herausgefordert wird.

5. In Österreich heißt das in Summe: Für die Rot-Grüne-Regierung
Die Redner, darunter "linke" Prominenz aus SPÖ (Sallmutter) und Grünen, die Themen und die "Alternativen": ein Ensemble, das zur politischen Kraft werden kann, wenn Rot-Grün in Österreich die Macht übernimmt und damit auch die Zivilgesellschaft, die ja über jede Macht erhaben ist, mit den notwendigen Freiräumen zufrieden stellt, in denen sie sich ihrer autonomen Selbstfindung widmen kann. Dann wird der Staat die Wirtschaft in die Schranken weisen, wie das ja " das österreichische Modell des Sozialstaates" schon einmal gezeigt hat, dann werden die Etats der NROs wieder aufgestockt, die Toleranz wieder geschickter und glaubhafter in Szene gesetzt...und alles bleibt beim Alten.
Ein österreichisches Schicksal: Eine Opposition gegen die Globalisierung, die nicht bis auf den Grund und zur radikalen Lösung des Problems vorstößt, kann in unserem Land nur wieder in der sozialdemokratischen Alternativlosigkeit enden. Der Gegengipfel als Vorwahlkampf?

Aus all diesen Gründen, die uns von der ATTAC-Strömung trennen, aber auch von ihrer antinationalen autonomen Spielart und von der "Globalisierung von unten", die ebenso wenig den konkreten Kämpfen der Völker für ihre soziale, nationale und kulturelle Befreiung in allen ihren Formen ein Stimme geben, werden wir in Salzburg für unseren gemeinsamen Protest einen Block der Antiimperialisten bilden, der die Solidarität mit dem Widerstand der Armen in der Dritten Welt ausdrückt, der sich gegen den EU-Drang nach Osten richtet und die Auflösung der EU fordert, der sich gegen die NATO stellt und in der Globalisierung immer noch den menschenfeindlichen Imperialismus sieht

Raus aus der EU!
Nein zur Nato und Euro-Armee!
Nein zum Drang der EU nach Osten!
Gemeinsam mit den Verdammten dieser Erde!