Solidaritätsdelegation für die politischen Gefangenen in der Türkei

30.08.2001

Verhindern wir das drohende Massaker in Armutlu

Seit dem faschistischen Militärputsch 1980 stellt die Türkei einen der entscheidenden Stützpunkte der imperialistischen Herrschaft in Nahost dar. Mit eiserner Faust wird der Freiheitskampf der Kurden unterdrückt. Gleichzeitig zu diesem Völkermord, zu dem die westliche vorgeblich dem "Humanitarismus" verpflichtete Medienmaschine schweigt, zeichnet die in Ankara an der Macht befindliche zivil getarnte Militärdiktatur für das soziale Massaker an den Völkern Anatoliens verantwortlich, ganz zu schweigen von ihrer Aggression gegen den Irak und ihren Hegemonieansprüchen gegenüber Syrien, dem Balkan und den Staaten Zentralasiens. Mittels des Militärpakts mit Israel unterstützt die Türkei auch das Massaker an den Palästinensern.

Doch der türkischen Oligarchie ist es nie gelungen den Widerstand der kämpfenden Kräfte des Volkes gänzlich zu unterdrücken – trotz der Massaker, der Folter und des Verschwindenlassens. Mit rund 13.000 wegen ihrer Gesinnung hinter Gitter Sitzenden hält dieser von der Europäischen Union als "demokratisch" bezeichnete Staat weltweit den traurigen Rekord an politischen Gefangenen.

Aber selbst im Gefängnis war es den Schergen der NATO nicht möglich den Willen der Kämpfer des Volkes zu brechen – es etablierte sich die Tradition der "freien Gefangenen", die sich dem Gefängnisregime nicht unterordneten. Um diesen Widerstand zum Schweigen zu bringen, versuchte man die Isolationshaft durchzusetzen. Es gelang der Befreiungsbewegung jedoch das die ganzen 90er-Jahre hindurch zu verhindern – mit dem Mittel des entschlossenen Hungerstreiks, des Todesfastens.

Im Herbst vergangenen Jahres erzwang das Regime dann die Verlegung in Stammheim nachempfundenen Einzelzellen, die der Isolationsfolter dienen. Die politischen Gefangenen reagierten mit einer neuen Welle des Todesfastens, dass in der Bevölkerung erhebliche Unterstützung fand. Um dem ein Ende zu setzen griff der Staat am 19. Dezember vergangenen Jahres die wehrlosen Hungerstreikenden mit Kampfgas, Feuerwerfern, Bulldozers und Feuerwaffen an und tötete Dutzende.

Doch die politischen Gefangenen setzen ihren Kampf auch in den Isolationszellen und unter Zwangsernährung fort. Viele der Angehörigen beteiligen sich nun ebenfalls am Todesfasten. Sie haben in den Elendsviertel der großen Städte Widerstandshäuser eingerichtet, um das Volk stärker an der Bewegung zu beteiligen. Nun droht ein neues Massaker, diesmal gegen die Mütter, Geschwister, gegen die sich solidarisierenden Angehörigen der Befreiungskämpfer. Polizei- und Armeeeinheiten haben Armutlu, ein Istanbuler Slumgebiet, umstellt und drohen den Widerstand in einem neuerlichen Blutbad zu ersticken.

Bereits am Antiimperialistischen Lager in Assisi berichtete eine Delegation der politischen Gefangenen von den extremen Formen der Repression, die die Auslöschung des sozialen und politischen Widerstands gegen den Kapitalismus zum Ziel hat. Zum ersten Jahrestag des Todesfastens, am 20. Oktober, wurde von 25 anwesenden antiimperialistischen Kräften ein internationaler Aktionstag vereinbart. Nun ist es notwendig, dass wir eine Sofortmaßnahmen setzen, um ein Massaker in Armutlu zu verhindern. Dies bedeutet sowohl ständig eine internationale Solidaritätsdelegation vor Ort präsent zu halten, als auch in aller Welt Information zu verbreiten und Proteste vor türkischen oder NATO-Einrichtungen abzuhalten.

Heute verlässt die erste Solidaritätsdelegation unter Beteiligung der Antiimperialistischen Koordination die verschiedenen europäischen Länder. Weitere Delegationen werden in den nächsten Wochen folgen.
Wir wollen damit sowohl die Solidaritätsbewegung in den Armenvierteln stärken, als auch die unmittelbaren Forderungen der politischen Gefangenen unterstützen:

1) Sofortiges und bedingungsloses Ende der Isolation
2) Sofortiges Ende der erzwungenen medizinischen Eingriffe
3) Sofortige und direkte Verhandlungen zwischen den Repräsentanten der Organisationen, die von den Gefangenen gewählt wurden und Regierungsvertretern.

Doch die politische Bewegung in den Gefängnissen betont selbst immer wieder, dass sie sich als Teil des Kampfes des Volkes versteht und die Erfüllung dessen Forderungen das eigentliche Ziel sind:

1) Schluss mit dem sozialen Massaker durch Oligarchie und IWF
2) Für das Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes
3) NATO raus aus der Türkei
4) Für die Volksmacht

Antiimperialistische Koordination
30. August 2001