Mumbai Resistance 2004 bereitet den Weg für einen antiimperialistischen Pol

02.02.2004

Vom 17.-20- Jänner 2004 trafen sich tausende Menschen in den Foren von Mumbai Resistance 2004 (MR2004), welches parallel zum Weltsozialforum (WSF) abgehalten wurde. Seinen Höhepunkt erreichte MR2004 in einer Massenkundgebung im Zentrum Mumbais mit etwa 30.000 Teilnehmern. Es war nicht nur eine deutlich sichtbare Herausforderung der linksliberalen franco-brasilianischen Führung des WSF durch die antiimperialistischen Kräfte - auch dank der vorangegangenen Versuche in Porto Alegre, Genua, Thessaloniki und anderen Orten eine revolutionäre Stimme zu erheben. Auf vielen Mauern in Mumbai konnten die Leute lesen: "Der Imperialismus kann nicht humanisiert werden - er muß zerstört werden", "Debatte ist nicht genug, wir müssen handeln", "Unterstützt den irakischen Widerstand". Der wirkliche Schritt vorwärts zeigt sich darin, dass zum ersten Mal seit dem Entstehen der Antiglobalisierungsbewegung die antiimperialistischen Kräfte bewiesen, nicht nur im Stande zu sein die notwendige Kritik auszusprechen sondern tatsächlich unabhängig zu organisieren und nächste Aktionen zu planen.

In Indien fiel der Aufruf für MR2004, der ursprünglich vom All Indian People`s Resistance Forum (AIPRF) lanciert wurde, auf fruchtbaren Boden.
Die unteren Klassen und Kasten hatten genug vom WSF und seinen indischen Verbündeten, die nur versuchen der brutalen kapitalistischen Globalisierung ein menschliches Gesicht zu geben - ein Versuch der Tag für Tag scheitert. Sowohl der sich beschleunigende US-Kriegszug gegen jede Opposition, welche die Rechte der Ausgebeuteten dieser Welt verteidigt, als auch die Unfähigkeit und der Unwillen der historischen Linken dem Diktat des Imperialismus etwas entgegenzusetzen sprechen für sich selbst.

In den Staaten Westbengalen und Kerala beispielsweise, die seit Jahrzehnten von der CPI (M) regiert werden - welche einer der Hautorganisatoren des WSF war - werden die neoliberalen Rezepte erbarmungslos implementiert. So nahmen hunderte der Organisationen der am meisten Unterdrückten und Ausgebeuteten an MR2004 teil, viele kamen vom WSF: Dalits (die Kaste der Unberrührbaren), landlose Bauern, Moslems, die gegen die chauvinistische Hindutva Bewegung arbeiten, die eine Serie von Massakern gegen Moslems organisiert hat, deren trauriger Höhepunkt das Massaker von Gujarat 2002 war, die Adivasis (Indigene und Stämme) und die unterdrückten nationalen Minderheiten.

Aber auch innerhalb des WSF wurde der Ruf, der von MR2004 ausging, durch ein wachsendes antiimperialistisches Gefühl widergespiegelt. In vielen Foren zu dem US-amerikanischen Kriegszug sprachen sich Menschen für die Unterstützung des Widerstands jener, die angegriffen und besetzt werden, aus - zuallererst im Irak, aber auch in Palästina, Afghanistan und Kashmir. Im Krieg zwischen dem Imperialismus und den unterdrückten Völkern nützt Neutralität und Pazifismus nur dem Aggressor. Die Legitimität aller Mittel des Widerstands inklusive dem bewaffneten Kampf findet mehr und mehr Anerkennung. Tatsächlich hatten es die moderaten WSF Führer aus Europa schwer die Interessen der imperialistischen Mittelschicht unter dem Slogan der "Zivilgesellschaft" zu verteidigen. Als Arundhati Roy sagte "dass wir zum irakischen Widerstand werden müssen" drückte sie damit ein verbreitetes Gefühl aus. Es war kein Zufall, dass sie sich dazu entschloss nicht nur beim WSF zu sprechen, sondern auch bei MR2004. Es war eine freie politische Entscheidung, die bestätigt, dass die vereinigten antiimperialistischen Kräfte ein unbestreitbarer Faktor und ein Anziehungspunkt geworden sind.

Sowohl die indische als auch die globale kooperative Medienlandschaft musste MR2004 zu Kenntnis nehmen. Das indische Wochenmagazine "Outlook" vom 26. Jänner schloss seinen Artikel über das WSF mit den folgenden Zeilen: "Nun, was wird dieses Forum erreichen? Bestimmt wird es lebhaften, zahlreichen Austausch geben. Aber wird die Welt sich ändern? Unterstützer des WSF sagen ja. Aber seine Kritiker sehen in ihm ein neues Woodstock, das das Ende aller Kriege in der Welt verspricht. Das war 1969." Und Darshan Pal, von MR2004, zitierend: "Die großen NGOs, die direkt das Geld von Kooperation und Regierungen annehmen, die den Kapitalismus fördern, sind Cheerleaders dieses großen Spiels. Wie können sie zur gleichen Zeit die Globalisierung bekämpfen und sie fördern?"

In den angeregten Diskussionen im Rahmen von MR2004 kamen die entscheidenden Fragen der indischen Volksmassen zur Sprache. Der Kampf gegen den Hindutva Faschismus, der oberen Kasten, der verantwortlich für einen beispiellosen Genozid gegen die Moslems wurde verknüpft mit der Forderung nach einer radikalen Landreform, wodurch das Rückrat des Kastensystems selbst gebrochen werden würde. Das Recht auf Selbstbestimmung für die Minderheiten wurde bestätigt, zu dem Führer von Kashmir und aus dem Nordosten das Wort erteilt wurde, gleichzeitig wurde der indische Expansionismus auf dem Subkontinent verurteilt. Der Kampf gegen den POTA, dem indischen Äquivalent zum amerikanischen Patriot Act, wodurch die elementaren demokratischen Rechte verletzt werden, muss fortgesetzt werden, um die Achse die von der indischen Elite mit den USA und Israel forciert wird, zu zerstören.

Irak wurde als der Hauptschauplatz des Kampfes gegen der US-Versuch ein globales Imperium zu erreichten anerkannt. Die antiimperialistischen Kräfte müssen den irakischen Widerstand bedingungslos unterstützen und sich um ihn scharen bis zum Sieg. Die Invasoren zu vertreiben bedeutet dem imperialistischen und kapitalistischen System der Welt, dessen tragendes Element die USA sind, einen empfindlichen Schlag beizubringen.

Auf dieser Basis werden die antiimperialistischen Kräfte, die sich Mumbai versammelten, nicht nur am internationalen Aktionstag am 20.März gegen die Besatzung teilnehmen, sondern auch weitere Schritte setzen, über die eine internationale antiimperialistische Koordination befinden wird. Die Vorschläge die eingebracht wurden sind u.a. ein internationaler Aktionstag zur Unterstützung des Widerstands am 25.September zum Jahrestag der Intifada, eine Solidaritätsdelegation zum irakischen Widerstand, sowie die Bildung von Komitees "Freier Irak in Unterstützung des Widerstands". In Indien, Pakistan, Bangladesh, Italien, Deutschland, Dänemark und Österreich wurden solche Komitees bereits gebildet. Viele andere haben ähnliche Vorhaben signalisiert und die Idee einer internationalen Konferenz wurde besprochen.

Es scheint als wolle das WSF wieder unter nach Porto Alegre unter die Fittiche von Lulas Arbeiterpartei (PT) zurückkehren - zu einer Regierung die die neoliberale Agenda umsetzt und damit mehr und mehr die Hoffnungen der verarmten Volksmassen enttäuscht. Ohne die imperialistischen Interessen anzugreifen wurde weder eine Landreform noch irgendeine andere ernsthafte Verbesserung für die armen Klassen erreicht. Lula und die PT zeigen der Welt praktisch, dass eine andere Welt innerhalb des kapitalistischen Imperialismus unmöglich ist. Ein neues WSF in Porto Alegre kann sich daher als veritables Eigentor für seine linksliberale Führerschaft entpuppen. Es sind nun die antiimperialistischen Kräfte Brasiliens und der Welt am Zug um das Momentum von Mumbai Resistance zu nutzen um ein Porto Alegre Resistàªncia zu organisieren, mit der Aufgabe offen die Lula Regierung anzugreifen und den linken Flügel der Antiglobalisierungsbewegung in die Bildung einer globalen Bewegung gegen das amerikanische Imperium zu integrieren.