Eine Zuschrift von Paula Abrams-Hourani (Frauen in Schwarz)

23.05.2002

Ich habe von Ihnen zwei Nachrichten in zwei Tagen bekommen, die unsere Gruppe nicht namentlich nennen, aber den Eindruck erwecken, dass wir "linkszionistische Positionen der israelischen Friedensbewegung" vertreten.
Die Frauen in Schwarz (Wien) sind dem vergangenen Juni jeden Monat am Stephansplatz gewesen und setzen sich seit damals öffentlich für ein Ende der Besatzung palästinensischen Landes ein. Ich möchte das betonen, da diese Mahnwachen stattgefunden haben bevor Sie dort zu sehen waren.
Wir sind eine sehr gemischte Gruppe von Frauen und Männer aus Österreich und anderen Ländern und die Andeutung, dass wir ZionistInnen oder LinkszionistInnen sind, oder "linkszionistische Positionen der israelischen Friedensbewegung" vertreten, ist – um es milde auszudrücken – ein Blödsinn. Wer sich die Mühe genommen hat, sich unseren Infotisch anzuschauen, könnte Statistiken und Artikeln von allen möglichen israelischen und palästinensischen Menschenrechtsorganisationen finden; wir haben Artikel von Uri Avnery, Edward Said, Barghouti, Khalifa, Amira Hass, Gideon Levy, Websites von vielen Organisationen, die sich mit dem Konflikt Israel-Palästina befassen, und gemeinsame Deklarationen von beiden Völkern, die etwas gegen die israelischen Besatzung ausdrücken.
Die Frauen in Schwarz (Wien) sind – wie alle Women-in-Black-Gruppen – unabhängig; Women in Black ist eine internationale Bewegung und jede Gruppe in jedem Land befasst sich mit dem Thema, das sie betrifft oder beschäftigt. Die Tatsache, dass diese Idee in Israel angefangen hat – als Widerstand gegen die Besatzung im Jahr 1988 – macht die Bewegung nicht weniger wert. Eigentlich sind die Frauen, die dort mitmachen, mehr ausgesetzt und wesentlich mutiger als die Menschen in Wien, die nur schreien und Polemik von sich geben.
Persönlich möchte ich nur noch eines sagen: Die Freunde in den besetzten Gebieten freuen sich über unsere Unterstützung (Appell an die Bundesregierung, Petition an die EU, humanitäre Hilfe). Deswegen kommt mir die Kritik und Misstrauen von Eurer Gruppe (und von anderen Gruppen vielleicht auch) hier in Wien ziemlich unverständlich vor.

Paula Abrams-Hourani
(Frauen in Schwarz)

Werte Paula!
Vorab sei einmal gesagt, dass wir für alle Gruppen, welche die legitimen Interessen des palästinensischen Volkes vertreten, vollen Respekt haben, auch wenn wir nicht in allen Fragen einer Meinung sind. Das gilt auch für die Aktivität der Frauen in Schwarz.
Dass die österreichische Linke im wesentlichen die Position der israelischen Friedensbewegung vertritt ist eine Tatsache, auch wenn diese einen weiten Bogen von Positionen überspannt. Zionistisch heißt im die Nationswerdung und die Staatsbildung des Judentums in Form von Israel zu unterstützen bzw. zu verteidigen. Außer marginalen radikalen Antizionisten wie Michel Warschawski oder Sergio Yahni von Mazpen und dem Alternative Information Centre, welche die Palästinenser vollinhaltlich unterstützen und Israel als exklusiven jüdischen Staat ablehnen, stellt in Israel niemand den jüdischen Staat selbst in Frage.
Die Forderung nach dem Schluss der Besatzung, so wichtig und entscheidend sie ist, wird auch von einigen linkszionistischen Kräften vertreten. Der wirkliche Knackpunkt ist aber das Rückkehrrecht der Vertriebenen, denn das würde den exklusiv jüdischen Charakter des Staates sofort in Frage stellen. Und das führt sehr schnell zu der uns so wichtigen Losung des demokratischen Staates für Juden und Araber, den wir als einzige Lösung nicht nur für die palästinensische Selbstbestimmung, sondern auch zur Sicherung der jüdischen Existenz in der Region ansehen. Zu beiden haben wir von euch keine definitive Unterstützung gehört.
Doch wir haben immer gesagt, dass wir auch auf der alleinigen Basis der Forderung des Rückzugs der Besatzungstruppen aus den 1967 besetzten Gebieten mit euch zusammenarbeiten können, solange die israelische Besatzungsgewalt nicht mit dem palästinensischen Widerstand auf eine Stufe gestellt wird sowie Unterdrücker und Unterdrückte klar benannt werden.
Darum hoffen wir darauf, dass ihr im Gegensatz zu KPÖ und Linkswende, die bedauerlicherweise aus der Plattform ausgetreten sind, in dieser verbleibt und mit uns am 17. Mai anlässlich der des Jahrestages der Nakba demonstriert.

Solidarische Grüße,
Antiimperialistische Koordination