Der Sechstagekrieg und seine Folgen

21.07.2007

aus Intifada Nr. 24

Am 5. Juni 1967 griff Israel Jordanien, Syrien und Ägypten an. Dieser Krieg, der als Sechstagekrieg in die Geschichte einging, hat die Situation im Nahen Osten einschneidend verändert und dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern trotz aller späteren Entwicklungen sein heutiges Gesicht gegeben.

Entgegen der gängigen Interpretation im Westen, Israel sei 1967 in einer Art präventivem Verteidigungskrieg einem Angriff Ägyptens zuvor gekommen, handelte es sich vielmehr um einen intendierten Angriffskrieg Israels gegen die arabischen Regime, die in den 1960er Jahren unter dem Druck der Bevölkerungen nach links gegangen waren. Insbesondere war Israel nicht gewillt, ein syrisches sozialistisches Regime an seinen Grenzen zu akzeptieren. Wie unvorbereitet die arabischen Länder auf diesen Angriff von seiten Israels tatsächlich waren, zeigt die Tatsache, dass praktisch die gesamte ägyptische Luftflotte am Boden zerstört wurde.

Mit diesem Krieg gelang es Israel sein Territorium entscheidend zu vergrößern. Es besetzte in der Folge des Krieges das Westjordanland, die Golan-Höhen, den Gazastreifen und die Sinai-Halbinsel, wovon nur die Sinai-Halbinsel später an Ägypten rückerstattet wurde. Ähnlich wie 1948 ging die Besetzung der palästinensischen Gebiete mit einer Vertreibungswelle der palästinensischen Bevölkerung aus ihren Dörfern und Städten einher. Israel begann in der Folge mit der Errichtung von jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten, um seinen Anspruch auf das Territorium sukkzessive durchzusetzen.

Der Sechstagekrieg verschob den politischen und militärischen Status Quo in der Region entscheidend zugunsten Israels. Vor allem die Niederlage von Ägypten unter Nassers Führung, auf den die gesamte panarabische Bewegung ihre Hoffnungen gesetzt hatte, machten den Weg für das pro-amerikanische Saadat-Regime in Ägypten frei. Mit dem Fall des nasseristischen Ägyptens veränderten sich die Kräfteverhältnisse im arabischen Raum tiefgreifend und Israel konnte, dank des im Frieden von Camp David 1978 "neutralisierten" Ägyptens, seine Position in der Region stabilisieren.

Der Sechstagekrieg hatte auch auf arabischer Seite weitreichende politische Folgen. Die Niederlage Nassers markierte den Anfang vom Ende des arabischen Nationalismus. Sie war die eigentliche Geburtstunde der palästinensischen nationalen Befreiungsbewegung, die sich zuvor vielmehr als Teil der panarabischen nationalistischen Bewegung gesehen und den palästinensischen Kampf nicht als selbstständiges Anliegen betrachtet hatte.

Trotz dieser tiefgreifenden Veränderungen, die der Sechstagekrieg mit sich brachte, muss er in seinem historischen Kontext gesehen werden. Er markiert nicht den Beginn des Nahostkonflikts, wie dies gerne in den westlichen Medien dargestellt wird. Es ist offensichtlich, welchen Zweck diese Interpretation erfüllt: Die Nakba, die palästinensische Katastrophe von 1948, bei der im Zuge der Staatsgründung Israels drei Viertel der palästinensischen Bevölkerung vertrieben und der Großteil des historischen Palästina von seinen angestammten Einwohnern "bereinigt" wurden, soll so vergessen gemacht oder als geschichtlicher fait accompli nachträglich legitimiert werden.

Heute, vierzig Jahre nach dem Sechstagekrieg, zeigt sich, dass die Ära des palästinensischen nationalen Befreiungskampfes in seiner damals entstandenen Form zu Ende geht. 1967 war klar geworden, dass es für die Palästinenser notwendig war - trotz der prinzipiellen Gültigkeit der panarabischen Perspektive - ihren Kampf selbständig zu organisieren und sich nicht länger auf die arabischen nationalistischen Regime zu verlassen. Heute zeigt sich deutlicher denn je, dass sich der palästinensische Anspruch auf Selbstbestimmung nur in der größeren Perspektive der Veränderung der Kräfteverhältnisse im gesamten arabischen Raum wird einlösen lassen. Zurzeit werden wir Zeugen des politischen Niedergangs der einst wichtigsten Organisation der palästinensischen Befreiungsbewegung, der Fatah, und der Transformation zumindest ihrer Führungsriege in Handlanger des Westens. Der Aufstieg der Hamas zur führenden Organisation des palästinensischen Widerstandskampfes ist in erster Linie ihrer politischen Standfestigkeit im Sinne der historischen Forderungen der palästinensischen Nationalbewegung geschuldet. Darüber hinaus zeigt sich jedoch, dass auf den Trümmern des arabischen Nationalismus der Islam als politisch einigendes und identitätsstiftendes Element ein Vakuum füllen konnte.

Margarethe Berger