Tunesischer Funke zündet Ägypten

29.01.2011
Die arabischen Massen sägen an den US-Regimen in der Region
Antiimperialistische Koordination
Ähnlich wie in Tunesien wackelt nun das Regime Mubaraks in Ägypten. In anderen arabischen Hauptstädten, wie etwa in jenen Jemens und Jordaniens, geht das Volk ebenfalls auf die Strassen, nachdem die Mauern der Angst durchbrochen wurden.
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Die gesamte Region brennt. Am meisten sind Regime betroffen, die sich vollkommen an die US-amerikanischen wirtschaftlichen und politischen Rezepte angehängt haben: totale Liberalisierung der Märkte, Scheindemokratie, enge Sicherheitskooperation mit den USA. Das sind mafiöse Regime, deren Beziehung mit dem Volk nunmehr auf die Knüppel der Polizei reduziert ist. Verliert der Bürger jedoch die Angst vor der Polizei, so wackelt das Regime und stürzt wie ein Kartenhaus in sich zusammen, da es über keine signifikante gesellschaftliche Basis verfügt.

Mit Unterstützung der USA und der EU plünderten diese Regime ihre Länder und unterdrückten jede Form der Opposition. Solange sie ihre Rolle in der Stabilisierung der neokolonialen Wirtschaftsverhältnisse und das Sorgen für die Sicherheit der USA und Israels in der Region, wurde im Westen nicht viel von Demokratie und den Menschenrechten gesprochen.

Wenn der Sturz von Ben Ali nach einem Monat der Proteste überraschend schnell war, so war der Prozess in Ägypten viel schneller: Es waren vier Tage, bis die Armee intervenieren musste!

Das Regime Mubaraks ist ein Musterbeispiel einer Marionette in der „Dritten Welt“, die allen Befehlen der USA und „Empfehlungen“ der Weltbank befolgt. Zunehmend auf eine Schreckensherrschaft der Polizei (genannt Zentralsicherheit) gestützt, wandelte sich die ägyptische Republik in einen Familienbetrieb der Mubaraks. Wenn die Politik der „Wirtschaftsöffnung“ seines Vorgängers Anwar Sadat die Industrialisierung des Landes einstellte und seine wirtschaftliche Entwicklung von der US-Hilfe abhängig machte, so nahm die Korruption unter der Tyrannei der Mubarak-Familie astronomische Dimensionen an und führte zu massiver Verarmung der Bevölkerung.

Housni Mubarak, der vor den Forderungen des Volkes nach Brot und Reformen (politische Freiheiten und soziale Gerechtigkeit) die Ohren verschloss, musste am vorigen Dienstag mit den Rufen von 20. 000 Demonstranten in Kairo aufwachen: „Das Volk will die Regierung stürzen“.
Mubarak, der noch neuerdings die Parlamentswahlen ganz offen fälschte und selbst der systemtreuen Opposition keinen Raum für Kompromisse ließ, musste sich zum Schluss mit einer klaren und ebenfalls kompromisslose Losung auseinandersetzen.

Genau so senil wie ein Patriarch in seinem Herbst reagierte der Staat mit seinem aufgeblähten Polizeiapparat (fünf Millionen Polizisten) auf die Proteste. Anstatt Lehren aus den Demonstrationen der letzten Tage zu ziehen, bereitete sich das Regime auf die erwartete Schlacht am Freitag vor, wo nach dem Freitagsgebet die größten Demonstrationen zu erwarten sind. Es verhaftete hunderte bekannte Aktivisten und Oppositionsführer, wandelte die Strassen in Militärkasernen um, unterbrach Internet- und Mobiltelefonverbindungen, isolierte die Städte durch Militärsperren voneinander… und wartete auf Freitag!

Der Freitag kam wie erwartet mit Demonstrationen im gesamten Land. Es war auch zu erwarten, dass die verarmten und teils ausgehungerten Polizisten der „Zentralsicherheit“ das Anstürmen von Millionen Menschen nicht anhalten kann. Das Regime schoss in die Menge, die Menge schlug zurück…

In vielen Orten schlossen sich die Polizisten den Aufständischen. Alexandria, die zweite Stadt Ägyptens war nach einem Tag praktisch befreit. In Kairo brach die Polizei nach einige Stunden von Straßenkämpfen unter dem Druck der Demonstranten zusammen. Wie in Tunesien marschierte die Armee in die Städte, um öffentliche Einrichtungen zu schützen. Auch hier ist es noch nicht entschieden, welche Rolle die Armee nehmen wird.

Wenn die Ereignisse in einem relativ kleinen Land wie Tunesien eine solche Kettenreaktion im arabischen Raum auslöste und ein großes Land wir Ägypten bewegen konnte, so wird ein Sturz des Regimes Mubarak von regionaler, ja sogar globaler Bedeutung sein. Wider alle Erwartungen kam die Revolution nicht aus der Moschee, sondern klassisch aus den sozialen Forderungen der Elendsviertel, organisiert von Aktivisten der Gewerkschaften, politischen Basisorganisationen und Menschenrechtsgruppen. Die Agitatoren waren die Jugendlichen der Bewegung „Kifaya“, „6. April“, „Jugend für Freiheit und Gerechtigkeit“, „Nationale Assoziation für Reform“ usw. Neue Kommunikationsmittel, wie etwa Facebook, Twitter und Mobiltelefone, sowie die professionelle Berichtserstattung von Al-Jazeera, welche der Zensur und der Manipulation des Staates weit überlegen waren, spielten ebenfalls eine Rolle.

Der Westen und Israel haben vielerlei Gründe zu zittern. Die arabische Nation wacht langsam auf und stürzt ihre Peiniger, die vom Westen an die Macht gebracht und gestützt werden. Demokratie und soziale Gerechtigkeit ist und bleibt die größte Niederlage des US-Imperialismus.

Verweise