Verordnete Wahrheit, bestrafte Gesinnung

Diskussion mit dem Autor Hannes Hofbauer, Berthold Unfried und Albert Reiterer
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Verordnete Wahrheit, bestrafte Gesinnung
Neue Straftatbestände auf EU-Ebene öffnen einer Gesinnungsjustiz Tür und Tor. Die Leugnung von einem gerichtlich als Völkermord deklarierten Ereignis wird strafbar; die Leugnung kommunistischer Verbrechen könnte es demnächst werden.

Hannes Hofbauer, Autor
Berthold Unfried, Historiker
Albert F. Reiterer, Soziologe

Moderation:
Wilhelm Langthaler, Aktivist gegen Neokolonialismus und Kapitalismus

An zwei Beispielen zeichnet Hofbauer die Debatte um die Definition von Gräueltaten nach: an der armenischen Frage und ihrer Instrumentalisierbarkeit, sowie dem bosnischen Gründungsmythos, der auf der These eines Völkermordes in Srebrenica beruht. Einblicke in die Auseinandersetzungen um den Holodomor in der Ukraine, die Massaker in Ruanda, Darfur, Palästina und Kambodscha zeigen, welch unterschiedliche Interessen sich hinter dem Vorwurf des Völkermordes verbergen können.

Auch Österreich ist da nicht ausgenommen: In der Hysterie nach 9/11 wurde der Paragraf 278 so verschärft, dass nicht nur konkrete Straftaten, sondern auch eine geäußerte politische Meinung und sogar eine vermutete Gesinnung strafbar wird. In drei Fällen wurde der Paragraph bereits angewandt: gegen einen Drogenring, dessen mutmaßlichen Kopf einer der wenigen afrikanischen Polit-Aktivisten in Österreich gewesen sein soll („Operation Spring“); und gegen ein austro-arabisches junges Paar, das Sympathien für Bin Laden äußert hatte und damit im Handumdrehen als Al-Kaida-Mitglieder verurteilt wurde; und gegen Tierschützer.

Die Regierung schreit nach den Anschlägen von Oslo jedoch nach weiteren Verschärfungen, während der norwegische Premier im Gegensatz dazu darauf besteht, dass auch „extreme Meinungen erlaubt sein müssen“. Kündigt sich das Ende legaler systemoppositioneller Politik an?