Gewalt mit Annan-Friedensplan stoppen

12.05.2012
H. Manna, Sprecher des syrischen „National Coordination Body for Democratic Change” (NCB), in Wien
von Wilhelm Langthaler
Am 11. Mai befand sich auf Einladung des Österreichisch-Arabischen Kulturzentrums (Okaz) einer der führenden Köpfe der syrischen linken Opposition, Haitham Manna, in Wien. Er sprach über die Notwendigkeit des Annan-Plans, um die Gewalt zu stoppen und schrittweise friedliche demokratische Reformen in Gang zu setzen.
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Der NCB unterstützt den Friedensplan Kofi Annans, denn es gäbe derzeit nicht nur keine bessere Lösung, sondern er sei alternativlos, so Haitham Manna. Wichtigstes Hindernis für demokratische Fortschritte sei die ausufernde Gewalt, die das Land bereits an den Rand des Bürgerkriegs getrieben hätte. Die müsse gestoppt werden, erst dann könne sich die Volksbewegung wieder entfalten und entsprechend Druck entwickeln.

Dem Syrischen Nationalrat (SNC) und den bewaffneten Gruppen warf er vor, den Plan kippen zu wollen. Ihr Ziel sei die Militarisierung, auch um damit eine ausländische Intervention zu provozieren. Der aus dem Publikum stellvertretend für den SNC erhobene Vorwurf lautete, dass Manna so nur das Regime schützen würde, das sich mit tausenden Getöteten als mehr als reformunwillig erwiesen hätte. Es gäbe keine Alternative zu seinem militärischen Sturz.

Mannas Replik: Der bewaffneter Kampf könne unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht gewonnen werden. Er spiele dem Regime sowie extremistischen, vom Golf unterstützten Kräften in die Hände. Vielmehr gehe es darum einen politischen Prozess in Gang zu setzen. Darin ist die Idee des italienischen Marxisten Gramsci wiederzuerkennen um Hegemonie zu kämpfen, jene Teile des Volkes und insbesondere der Minderheiten auf die Seite der Revolution zu ziehen, die bisher passiv geblieben sind oder Angst haben. Von Golf unterstützte bewaffnete Islamisten treiben sie auf Seite des Regimes, während eine demokratische und einschließende Bewegung auf der Straße sie Schritt für Schritt gewinnen kann.

Zwar sei der Bewegungsspielraum mit dem Annan-Plan etwas größer geworden, doch die unmittelbaren Forderungen nach Freilassung der politischen Gefangenen und einem Ende der blutigen Repression sei noch lang nicht erfüllt. Die Verantwortung dafür liege in erster Linie beim Regime selbst. Die bewaffneten Gruppen dienten jenem indes als willkommene Ausrede für die Repression gegen die demokratische Bewegung.

Haitham Manna sprach sich für Verhandlungen und Dialog mit dem Regime aus, um die Spirale der Gewalt zu unterbrechen. Dabei gehe es nicht darum Kompromisse zu machen und auf legitime Rechte des Volkes zu verzichten, sondern einen Prozess schrittweiser Änderungen in Gang zu bringen. Dabei setzte er Hoffungen auf den russischen Druck für vorsichtige Reformen, symbolisiert durch den Rückzugs Bashar al Assads und die Szepter-Übergabe an den Vizepräsidenten oder einen nicht kompromittieren Militär. Damit könnte die Tür zu weiteren demokratischen Reformen aufgestoßen und gleichzeitig den vom Ausland unterstützten extremistischen Kräften der politische Boden entzogen werden. Am Ende sollten freie Wahlen und eine verfassungsgebende Versammlung stehen.

„Es geht nicht gegen den Staat, sondern gegen das Regime.“ Auch in Tunesien und Ägypten seien viele Funktionäre geblieben, warum sollten an Syrien andere Kriterien angelegt werden? Nach Manna gäbe es viele positive Zeichen aus dem Staatsapparat und der Armee für eine Veränderung. Doch solange die Gewalt andauere, könnten diese nicht zum Vorschein kommen, nicht wirksam werden.

Die Veranstaltung zeigte, dass dem im Westen einzig bekanntem Narrative des SNC in Syrien selbst ein völlig anderes gegenübersteht, das eine lebendige linke Opposition repräsentiert, die über feste Verbindungen zur Massenbewegung verfügt. Dass die westliche Medienmaschine daran kein Interesse hat, leuchtet dem kritischen Beobachter leicht ein. Es geht darum, ihr auch bei uns dauerhaft eine Stimme zu geben. Das ist Aufgabe der Antiimperialisten.

Bild: Egyptian-Euripean TV, http://egyurotv.net/tv/