Mutmaßlicher Mitarbeiter des italienischen Militärgeheimdienstes vor Gericht

07/03/2007

Ilegales Abhören und Fälschen von belastenden Dokumenten zum Schaden des Antiimperialistischen Lagers gerichtsanhängig
Römischer Untersuchungsrichter verleiht den Geschädigten Moreno Pasquinelli und Wilhelm Langthaler Parteienstatus

Erinnern wir uns: Am 4. März 2005 wurde Nicola Calipari, Nr. 2 des italienischen Militärgeheimdienstes SISMI, durch eine amerikanische Kugel im Irak getötet. Er hatte die Befreiung der italienischen Journalistin Giuliana Sgrena aus der Geiselhaft verhandelt. Dabei war nach glaubhaften Gerüchten gegen den Willen der USA von der Berlusconi-Regierung ein hohes Lösegeld bezahlt worden.

Sofort wurden Stimmen laut, dass es sich um Mord in Vergeltung handelte. In der öffentlichen Meinung staute sich ein wachsender Unmut über die US-Außenpolitik im allgemeinen und die italienische Beteiligung an der Besatzung des Iraks im besonderen auf. Denn es handelte sich um ein weiteres Ereignis in einer langen Kette die beweist, dass die USA vor der Verletzung der nationalen Souveränität selbst ihrer engsten Verbündeten nicht Halt machen. Das Gladio-Netzwerk aus dem Kalten Krieg ist bekannt und die prinzipielle Straffreiheit für Verbrechen von US-Soldaten auf italienischen Boden auch. In letzter Zeit stand indes die Entführung des Mailänder Predigers Abu Omar durch die CIA 2003 im Mittelpunkt des Interesses, die von der italienischen Regierung gedeckt wurde.

Zurück zu unserem Fall: In der unmittelbaren Folge der Tötung Caliparis präsentierte der mutmaßliche SISMI-Mitarbeiter oder Zuarbeiter Gianluca Preite angebliche über Internet mitgeschnittene Dokumente, die beweisen sollten, dass die Entführung Giuliana Sgrenas, Simona Paris und Simona Torrettas sowie der vier italienischen Söldner Fabrizio Quattrocchi, Umberto Cupertino, Maurizio Agliana und Salvatore Stefio von Kräften der italienischen Linken gesteuert worden wären. Noch abenteuerlicher, der Befehl auf das Auto von Calipari zu schießen, sei direkt von Moreno Pasquinelli, Exponent des Antiimperialistischen Lagers, ausgegangen.

Preite allein würde man in Wien als "Würstel" bezeichnen. Einer der Anklagepunkte gegen ihn lautet seinen Titel als Informatikingenieur von der New Yorker Columbia-Universität gefälscht zu haben. Gewicht erhielten seine Behauptungen dadurch, dass Berlusconis Staranwalt Carlo Taormina mit seinem ganzen medialen Gewicht ihn deckte und die Staatsanwaltschaft einschaltete.

In dem nun beginnenden Prozess wird ihm nicht nur vorgeworfen in die Kommunikation des Antiimperialistischen Lagers und namentlich Moreno Pasquinellis und Wilhelm Langthalers illegal eingedrungen zu sein, sondern so erworbene Dokumente verfälscht zu haben. Ohne dazu nähere Angaben zu machen, werden aber nicht nur den Geheimdiensten im Jahr 2005 zugespielte falsche Informationen genannt, sondern auch ein Dossier vom 24. März 2003 erwähnt.

All das deutet darauf hin, dass Preite Teil der Kampagne war, die gegen das Antiimperialistische Lager wegen seiner offenen Unterstützung für den irakischen Widerstand geführt wird. Angesichts der Datierung des gefälschten Dossiers ist es durchaus möglich, dass diese in den Verhaftungen von 2004 von Moreno Pasquinelli, Mariagrazia Ardizzone und Alessia Monteverdi, alles führende Mitglieder des Antiimperialistischen Lagers, bereits eine Rolle gespielt haben. Angeklagt wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation, setzte man sie nach einem Monat Haft zwar wieder auf freien Fuß, aber die Prozesse laufen noch immer. Bei der Organisation, auf die die Anklagen Bezug nehmen, handelt es sich um die türkische Revolutionäre Volksbefreiungsfront DHKC, die auf der EU-Terrorliste geführt wird. Gleichzeitig wurde jedoch die Webseite des Komitees Freier Irak per Gerichtsbeschluss blockiert. Das, obwohl keinerlei Zusammenhang mit der Konstruktion um die DHKC besteht.

Der Prozess gegen Preite, dessen erste Verhandlung am 19. April in Rom stattfindet, kann nicht nur als Scheitern eines Hochstaplers, sondern auch als Ausdruck der Spannungen zwischen verschiedenen Gruppen im Staat und insbesondere in den Sicherheitsapparaten gelesen werden, in deren Spiel er als Handlanger eingebunden war. Auch wenn die ganz offen proamerikanischen Kräfte offenbar nicht ganz so schalten und walten können, wie sie gerne wollten, sollte man sich dennoch keinen Illusionen darüber hingeben, dass diese Dominanz im Wanken wäre.

Antiimperialistisches Lager
4. März 2007