In Jugoslawien wie in der Ukraine – Operation Schuldumkehr

26.03.2022
Rede bei der Gedenkkundgebung zum Jahrestag des Nato-Krieges gegen Jugoslawien am 24.3.22 am Wiener Stephansplatz
Wilhelm Langthaler
Zum 23. Mal jährt sich heute der Nato-Krieg gegen Jugoslawien. Viele von den hier Versammelten sind zu jung, um die Aggression selbst miterlebt zu haben. Aber viele kenne ich auch persönlich von den 78 Tagen im Jahr 1999, an denen wir gemeinsam versuchten, die Öffentlichkeit wachzurütteln.
Willi Langthaler, 24.3.22

Wir veranstalten jedes Jahr diese Mahnwache, um der Opfer zu gedenken. Aber nicht nur deswegen, sondern auch um die Gefährlichkeit der Interessen und Machtstrukturen aufzuzeigen, die diesen Krieg unbedingt wollten und die noch immer da sind – die Nato und die US-Weltordnung.

Wir haben immer davor gewarnt, dass das nicht der letzte Krieg der Nato sein würde. Wir haben immer wieder auf den Nahen Osten hingewiesen, auf den Widerstand der Völker gegen die prowestlichen Regime und insbesondere auf den palästinensischen Befreiungskampf. Und wir haben die enorme Gefahr aufgezeigt, die von der Nato-Osterweiterung droht.

Nun ist dieser Krieg da, nur auf viel größerer Stufenleiter.

Alle zeigen auf Russland. Ja, der Kreml trägt die Verantwortung dafür, den Krieg mitsamt der humanitären Katastrophe ausgelöst zu haben. Russland wird einen hohen politischen Preis zu zahlen haben, vor allem in Form der weiteren Entfremdung der Völker im Umfeld.

Doch die URSACHE des Kriegs ist eine andere, nämlich die Nato-Ostexpansion und die zunehmende Einkreisung Russlands, ja die systematische, absichtliche und provokative Verletzung der legitimen russischen Sicherheitsinteressen.

So wie damals gegen Jugoslawien betreiben die westlichen Medienapparate eine Umkehr der Schuld.

Die Kriegserklärung der Nato an Russland hat eigentlich 2014 stattgefunden. Damals unterstützte der Westen die gewaltsame Machtübernahme von rechten nationalistischen Kräften, die sehr Nato-freundlich waren. Anlass war übrigens ein aufgezwungenes Freihandelsabkommen mit der EU, das die wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland sehr einschränkte.

Auch hier ist die die Ähnlichkeit mit Jugoslawien frappierend. Der Westen bedient sich alter Nationalismen, die schon die Nazis bei ihrem Eroberungskrieg verwendet hatten – wie beispielsweise der Ustascha in Kroatien und nun die Banderisten in der Ukraine.

Zuvor waren das multiethnische Staaten – sowohl Jugoslawien als auch die Ukraine –, in denen verschiedene Nationalitäten, Religionen und vor allem auch politische Orientierungen zusammenleben konnten. Ein Schaukelkurs, ein schwieriges Gleichgewicht zwischen Ost und West, ist für die Ukraine mit ihren großen russischen Anteilen und noch größeren Segmenten, die mit Russland in Einvernehmen und Zusammenarbeit leben wollen, unabdingbar.

Die ukrainischen Nationalisten haben das zerstört und sie haben es darauf angelegt. Sie haben dem Osten und Süden ein ausschließendes und rechtes Regime aufgezwungen, das diese niemals haben wollten und, das die tief verwurzelte antifaschistische Tradition verletzte. Die ukrainischen Nationalisten haben de facto den Süden und Osten annektiert, für sich und für die Nato. Dagegen erhob sich ein demokratischer Volksaufstand, der nur im Donbass erfolgreich war, aber sonst überall mit Gewalt niedergeschlagen wurde (siehe das Massaker von Odessa). Mehr als 14.000 sind diesem Krieg zum Opfer gefallen.

Sieben Jahre lang haben die Volksrepubliken und Russland versucht, das Problem auf der Basis des Minsker Friedensabkommens zu lösen, dessen Kern die Autonomie für den Donbass war. Die Nationalisten und der Westen haben das mit allen Mitteln verhindert.

Der Weg zum Frieden liegt also auf der Hand – die Neutralität der Ukraine und Sicherheit für Russland.

Und da sind wir bei Österreich: All die Jahre haben wir auf die Bedeutung der Neutralität hingewiesen und auf den Versuch unserer Eliten, nicht nur der gegenwärtigen Regierung, sondern genauso der SPÖ, diese de facto zu entsorgen. Auch jetzt stellen sie sich wie damals auf die Seite der Nato in Verletzung unserer Verfassung.

Doch wir müssen verstehen, dass diese Neutralität ein Geschenk der Geschichte, der Ausdruck des Sieges über den Nazi-Faschismus ist. Und die Quintessenz: Frieden und Kooperation mit Russland. Daher müssen wir diese Neutralität mit Zähnen und Klauen verteidigen und wiederbeleben.

Der Nato-Kurs unserer Herrschenden ist brandgefährlich und bedroht unsere Sicherheit.

 

Es lebe die Neutralität!

Es lebe der jugoslawische Widerstand!

Nieder mit der Nato!

Verweise