MENSCHENRECHTSDELEGATION IN DIE TÜRKEI

14.03.2001

Ankündigung, Aufruf und vorläufiges Programm

DIE ÜBER 200, SEIT MEHR ALS 140 TAGEN TODESFASTENDEN UND HUNGERSTREIKENDEN GEFANGENEN WERDEN ZUR ZWANGSERNÄHRUNG IN KRANKENHÄUSER VERSCHLEPPT. MEHRERE GEFANGENE HABEN DURCH DIESE ZWANGSMASSNAHME BEREITS IHR GEDÄCHTNIS VERLOREN.


HINTERGRUND

Die politischen Gefangenen in der Türkei sind am 20.Oktober 2000 gegen ihre
Verlegung in die neu errichteten F-Typ Isolationsgefängnisse, gegen die unmenschlichen Bedingungen in den Gefängnissen und die zunehmende Repression gegen ihre Angehörigen und demokratische Einrichtungen, gegen das Dreierprotokoll, mit dem das Recht auf Verteidigung fast zur Gänze
aufgehoben wird, sowie zur Abschaffung der Staatssicherheitsgerichte (DGM),
welche auch international keine Anerkennung finden, in einen unbefristeten Hungerstreik getreten, der später ins Todesfasten umgewandelt wurde.

Obwohl die türkische Regierung auf den Druck der Öffentlichkeit hin
zusicherte, von der Verlegung in die F-Typ Gefängnisse voerst abzusehen, führte sie am 19. Dezember, dem 61. Tag des Todesfastens, Operationen in allen Gefängnissen durch, bei denen 32 Gefangene gezielt durch Brandbomben und Schußwaffen ermordet wurden. Zurück blieben hunderte verletzte Gefangene und völlig zerstörte, niedergebrannte Gefängnisse.

Die schwerverletzt überlebenden Gefangenen, die ihren Widerstand in Form des Todesfasten und Hungerstreiks immer noch fortführen, wurden unmittelbar in die F-Typ Gefängnisse verschleppt und ärztliche Behandlung wurde bis vor einen Monat lediglich unter der Bedingung, den Hungerstreik zu beenden, zugesprochen.

Demnach soll es nach Angaben von Familienangehörigen und AnwältInnen immer noch Gefangene geben, in deren Körper Gewehrkugeln feststecken.

Die Gefangenen können nur eingeschränkt Besuch empfangen: durch Verwandte 1. Grades, ihre AnwältInnen und nach längerem Ansuchen durch Mitglieder der Ärztekammer zur Kontrolle.
Schockiert durch die unmenschliche Behandlung der Gefangenen in den F-Typ
Gefängnissen und die Zwangsernährungsmaßnahme, treten die Angehörigen der Gefangenen, AnwältInnen, eine Plattform von KünstlerInnen und Intellektuellen und diverse demokratische Zusammenschlüsse immer wieder in Aktion, um die Öffentlichkeit auf diese Umstände aufmerksam zu machen.
Die Regierung hingegen versucht das gesamte demokratische Umfeld und alle,
die sich gegen die Isolation in den F-Typen und für die menschlichen Forderungen der Gefangenen, wie gegen die Zwangsernährungsmaßnahmen aussprechen, durch Androhung hoher Geldstrafen und Ermittlungsverfahren mundtot zu machen, anstelle auf die humanen Forderungen der Gefangenen einzugehen.

Wir nehmen die Zwangsernährungsmaßnahme an den Gefangenen, sowie die
gezielte Tötung und Verkrüppelung der Gefangenen durch
Nichterfüllung der humanen Forderungen der Gefangenen zum Anlaß, eine
weitere BeobachterInnendelegation in die Türkei zu entsenden und die europäische Öffentlichkeit über die gegebenen Umstände weiter zu informieren.

Mit diesem Aufruf wenden wir uns erneut an alle sensiblen Menschen und
Menschenrechtsgruppen, PolitikerInnen, AnwältInnen, StudentInnen und andere Berufsgruppen, um diese Delegation zu begleiten und zur Verbesserung der Menschenrechtssituation beizutragen.

Für Unterkunft während des Aufenthalts in der Türkei kann gesorgt werden.
Reisekosten müssen allerdings von den TeilnehmerInnen selbst entrichtet werden. Die Abreise wird an einem später gewählten Ort in einer Gruppe stattfinden, kann aber auch einzeln erfolgen.
Alle interessierten Personen haben vorab die Möglichkeit, die
Delegationsreise mit den Organisatoren in verschiedenen Ländern abzusprechen, bzw. einen Terminvorschlag für ein Vorbereitungstreffen zu machen.


Anbei senden wir Ihnen das für den Zeitraum zwischen 26.-30. März 2001
zusammengestellte Delegationsprogramm und verbleiben bis auf weiteres
mit freundlichen Grüßen

IKM
Komitee gegen Isolationshaft
Kreuzweg 12, 20099 Hamburg
Tel&Fax: 0049-40-280 53 625

e-mail: noisolation@ninebyte.de
Komitee gegen die Isolationshaft

PROGRAMM DER DELEGATION VON 26.-30. MÄRZ 2001

Montag, 26.3.2001
-HHB, Rechtsbüro des Volkes, Gespräch mit Herrn Behic

-Gespräch beim Genel-Is/Gewerkschaft der Arbeiter im öffentlichen Dienst im
Dachverband der DISK

-Besuch der TAYAD-Familien im TAYAD-Büro

Dienstag, 27.3.2001
-Antragstellung für Besuchserlaubnis im Frauengefängnis Kartal

-Stadtviertel Armutlu, Besuch bei sechs Todesfastenden
TAYAD-Familien und einem ehemaligen Gefangenen

-Gespräch mit der Vorsitzenden IHD Istanbul

Mittwoch, 28.3.2001
-Gespräch mit VertreterInnen der Ärztekammer/Istanbul

-Gespräch mit Rechtsanwalt Murat Celik,
Vorstandmitglied der Rechtsanwaltkammer Istanbul

-Gespräch mit Hasan Kivircik und Faruk Ecevit in der
Architektenkammer Istanbul

Donnerstag, 29.03.2001
-Falls genehmigt Besuch im Frauengefängnis Kartal

-Gespräch mit VertreterInnen des Vereins der zeitgenössichen Juristen

-Gespräch mit KünstlerInnen der Plattform gegen die F-Typen

-Besuch von Zeitungsbüros und Kultureinrichtungen

Freitag, 30.03.2001
-Pressekonferenz und Abschluss