Auf der Seite des Bösen?

13.02.2003

Trotz der Erklärung, dass die österreichische Tageszeitung "Presse" an einem Kommentar interessiert sei, wurde untenstehendes nie veröffentlicht.

Dieser Tage sind wir mit einem Possenspiel um die UN-Waffeninspektoren konfrontiert, das durchsichtiger nicht sein könnte.
Schon der Beginn der neuerlichen UN-Mission stand für die USA unter keinem guten Stern. Die bisher ins Treffen geführten Argumente gegen den Irak sind mehr als abgenutzt. "Humanitär" konnte man einen Militärschlag angesichts des beispiellosen Embargos, das selbst nach Angaben von UN-Beamten bisher an die 1,5 Millionen Opfer gefordert hat, kaum nennen. "Demokratisch" ebenso wenig, denn man hatte ihm Krieg gegen den Iran Baath kräftig unterstützt – umso mehr als die regionalen Mächte, auf die sich Washington stützt, demokratische Prinzipien nicht einmal formal akzeptieren. Also bleiben als mögliche Legitimation nur die vielbemühten Massenvernichtungswaffen, die man in besseren Zeit selbst geliefert hatte. Doch bereits Scott Ritter, bekennender Bush-Wähler und ehemaliger Waffeninspekteur hat darauf hingewiesen, dass das Monitoring der 90er Jahre die weitgehende Abrüstung des Iraks feststellen konnte. So wird der Schlussbericht der Inspekteure wohl für die USA negativ ausfallen und die verzweifelt gesuchte Rechtfertigung für den Krieg wieder nicht liefern.
Das Paradoxe an der Situation ist, dass sich die europäische Öffentlichkeit und selbst die politische Klasse dieser Tatsachen sehr wohl bewusst sind. Doch abgesehen von knieweichen diplomatischen Manövern getraut sich niemand dem klaren Nein der Mehrheit der Europäer die notwendigen politischen Taten folgen zu lassen. Im Gegenteil, scheinbar in vorauseilendem Gehorsam bereitet man sich auf den Krieg vor, um doch noch einen Anteil am großen Ölkuchen zu ergattern. Schröder und Konsorten haben scheinbar Angst vor der eigenen Courage bekommen.
Angesichts des drohenden Unheils haben nun Kriegsgegner – unter ihnen auch einige prominente Künstler –aus Europa, aber auch aus Amerika die Initiative ergriffen und begeben sich zu Hunderten in das Zweistromland, um ihrer Ablehnung des Krieges wirksam Ausdruck zu verleihen. Am 2. Jänner beteiligten sich über zweihundert Aktivisten, darunter mehr als ein Dutzend Österreicher, an einer Kundgebung vor dem UN-Hauptquartier in Bagdad mit der Forderung, den USA weder Vorwand noch Legitimation für einen Angriffskrieg zu liefern.
Auch das wird wohl den Krieg nicht verhindern können. Und es wird entsprechend der Doktrin des "permanenten, präventiven, globalen Krieges" nicht der letzte gewesen sein. Doch es geht darum, die Opposition gegen den überbordenden imperialen Machtanspruch der Vereinigten Staaten zu stärken. Wie gefährlich dieser ist, zeigt exemplarisch die Causa Massenvernichtungsmittel. Während die USA potentiellen Gegnern das Recht auf den Besitz von Waffen dieser Art absprechen, sind sie und ihre treuen Verbündeten selbst nicht nur bei weitem die größten Besitzer atomarer, chemischer und biologischer Kampfstoffe, sondern haben auch unter Beweis gestellt, dass sie nicht zögern sie einzusetzen. Es zieht sich eine blutige Linie von der Atombombe auf Hiroshima, über Agent Orange in Vietnam bis hin zum Einsatz von der Genfer Konvention zuwiderlaufender Munition aus abgereichertem Uran im Irak, in Jugoslawien und Afghanistan.
Vielfach wird eingewendet, dass die Friedensbewegung mit ihren Aktionen den Despoten am Tigris unterstützen würde. Es ist allerdings auffällig, dass diktatorische Regime immer nur dann zum Problem gemacht werden, wenn sie sich gegen das neue Imperium stellen. Dass es in der amerikanischen "Kampagne" nicht um Demokratie, sondern um die globale Vorherrschaft und insbesondere um die Kontrolle der Ölreserve geht, ist im übrigen auch der Grund, warum die Mehrheit der Irakis Baath als kleineres Übel duldet – eine wichtige Erkenntnis aus den Alltagsgesprächen mit den einfachen Menschen im Land. Angesichts des überbordenden Machtanspruchs des Imperators am Kapitol, der kein Recht außer das des Stärkeren kennt und nicht davor zurückschreckt die Welt in Chaos und Krieg versinken zu lassen, nimmt sich der Kalif von Bagdad – auch für viele Europäer – geradezu als Fußnote der Geschichte aus.

Willi Langthaler, Teilnehmer an der Solidaritätsdelegation mit dem irakischen Volk