Gestern Jugoslawien – heute Irak

23.03.2003

Jugoslawisch Österreichische Solidaritätsbewegung

Vor vier Jahren wurde Belgrad bombardiert, heute ist Bagdad an der Reihe – wer wird der nächste sein?

Das Muster ist überall gleich: Jahrelangem Embargo, politischer Isolierung und militärischem Druck folgt der Krieg. Die über die Medien ins Treffen geführten Gründe erweisen sich nach genauerer Betrachtung als Vorwände für ein völkerrechtswidriges Vorgehen, das letztlich nur die geostrategische Vorherrschaft der USA im Sinn hat.

Über die Abspaltung Sloweniens, Kroatiens und Bosniens hatte der Westen Jugoslawien zerschlagen geholfen und dabei versucht sich den verbliebenen Rest botmäßig zu machen. Doch die Regierung Milosevic leistete vor allem mit Unterstützung in den unteren Bevölkerungsschichten fortgesetzten Widerstand gegen die nationale Zerstückelung sowie gegen das neoliberale Diktat. Um den unliebsamen Herausforderer der imperialen Weltordnung doch noch in die Knie zu zwingen, leistete der Westen Beihilfe zur Eskalation des jahrzehntelangen Konflikts im Kosovo.

In völkerrechtswidriger Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates legte man Jugoslawien immer schärfere Bedingungen auf, die den schrittweisen Verlust der staatlichen Macht über den Kosovo zur Folge haben mussten. Jugoslawien akzeptierte und genehmigte auch die Überwachung der Vereinbarungen durch Monitoring-Missionen. Der Westen stachelte jedoch die albanische Nationalbewegung zu immer neuen Gewaltakten und damit auch Verletzungen der Abkommen an, auf die Jugoslawien reagieren musste, und welches ihm dann als Verstoß ausgelegt wurde. Schließlich inszenierte man dann das Medienspektakel von Racak, bei dem albanische Kämpfer, die bei Gefechten umgekommen waren, so platziert wurden, dass es wie eine willkürliche Massenexekution von Zivilisten aussehen sollte. Vor dem Hintergrund dieses Propagandatricks wurde in Rambouillet bei Paris ein Ultimatum gestellt, das auf eine Abtretung des Kosovo und auf den Status eines von der Nato besetzten Landes hinauslief. Nachdem Jugoslawien dies nicht akzeptieren konnte, wurde es bombardiert, trotz zähen Widerstands gegen die Übermacht niedergerungen und schließlich in Belgrad ein Marionettenregime installiert.

Gegenüber dem Irak läuft ein sehr ähnliches zynisches Spiel. Nachdem das Zweistromland nach mehr als zehn Jahren Embargo sich Washington nach wie vor nicht vollständig unterordnet und seine Ölreserven staatlich bleiben, soll es nun angegriffen werden. So wie es den USA gegen Jugoslawien nicht um die Menschenrechte (sonst hätten nicht Hunderttausende Nichtalbaner vertrieben und der Kosovo der Willkür der Mafia ausgeliefert werden können), sondern höchstens um billiges Kanonenfutter geht, so geht es auch gegen den Irak keineswegs um Demokratie, sondern um den Machtanspruch auf eine Region, die nicht nur aufgrund der Ölreserven zentral ist. Die Demokratie, die die USA mit Feuer und Schwert bringen, ist nicht jene der Herrschaft des Volkes, sondern der Privatisierung des Öls und des Landes, der Zerschlagung des öffentlichen Gesundheits- und Schulwesens, sprich: ihrer ungezügelten Bereicherung.

Entgegen den Bestimmungen des Völkerrechts wird dem Irak das Recht auf Selbstverteidigung und die entsprechende Bewaffnung abgesprochen, während die USA sich und ihren Verbündeten das Monopol auf Massenvernichtungswaffen sichern. So wie Jugoslawien hat der Irak bisher jede noch so ungerechte und ungerechtfertige Bedingung akzeptiert um den Krieg abzuwenden. Darum legen die USA die Latte immer höher um daraus letztlich einen Kriegsgrund konstruieren zu können. Egal ob mit oder ohne UNO-Mandat, sie werden angreifen.

Auch wenn unter den Bedingungen der monopolaren Weltordnung kein kleines, auf sich allein gestelltes Land in der Lage ist der US-Militärmaschine zu trotzen, so ist die amerikanische Soldateska keineswegs fähig die sich immer weiter auftuenden sozialen, politischen und kulturellen Widersprüche zu lösen. Im Gegenteil, der von Washington ausgerufene permanente präventive Krieg verstärkt sie nur noch. Am Balkan bleiben die Nationalitäten nicht nur gegeneinander aufgehetzt, sondern die neuen und alten Grenzen warten nur darauf, durch neue Konflikte verändert zu werden. In Afghanistan verstärkten die amerikanischen Bomben paradoxerweise den russischen und iranischen Einfluss. Welche Kräfte sich im Gefolge des Krieges am Euphrat und Tigris festsetzen werden, kann noch nicht abgeschätzt werden. Es ist nicht unwahrscheinlich, das auch dort Fraktionen zum Zug kommen, deren Interessen zum gegebenen Zeitpunkt mit jenen der USA divergieren können.

Der Unterschied zwischen heute und vor vier Jahren ist allerdings, dass der europäischen Bevölkerung nach der amerikanischen Parteinahme mit der israelischen Besatzungsmacht gegen die palästinensische Intifada und dem Angriff auf Afghanistan die der amerikanischen globalen Vormacht innewohnenden Gefahr bewusst geworden sind. Es ist ein großer Schritt vorwärts, dass sich die Mehrheit gegen den Krieg ausspricht!

Doch das ist noch bei weitem nicht genug, um den Kriegstreibern wirklich etwas entgegenzusetzen. Nicht nur, dass Massenproteste notwendig wären, die die militärischen Vorbereitungen ernsthaft behindern könnten – wie zum Beispiel Blockaden gegen verfassungswidrige US-Transporte durch Österreich. Politisches Ziel der Bewegungen muss der Sturz der westlichen Kriegsregierungen sein.

Vielfach hegen die FriedensdemonstrantInnen die Illusion, sie könnten den liebgewonnenen globalen Status quo, der ihnen einen ansehnlichen Lebensstandard sichert, verteidigen. Doch dieser selbst ist die Quelle der Kriege. Denn letztendlich dreht sich alles um einen unversöhnlichen Konflikt zwischen der Armut im Süden und dem Reichtum im Norden. Es kann also nicht nur darum gehen einzelne Kriege zu verhindern, sondern das ganze System zu bekämpfen, das diese notwendig hervorbringt. Der Motor dieses Kampfes sind die Verdammten dieser Erde, auf deren Seite wir uns stellen müssen, ob es nun in Jugoslawien, Kolumbien oder im Irak ist. Die Äquidistanz, wie sie in der Aggression gegenüber Jugoslawien allerorts auch unter den Kriegsgegnern zu spüren war und bis heute nachwirkt, muss überwunden werden, denn sie hilft letztendlich dem Aggressor.

Nieder mit der US-Weltherrschaft!