Irakischer Widerstand bleibt auch nach "Machttransfer" legitim

30.06.2004

Bericht von der Podiumsdiskussion des Komitee "Freier Irak"

Am Freitag den 18.6.2004 fand eine Veranstaltung des Komitee "Freier Irak" zu dem Thema "Das irakische Volk im Widerstand gegen die US-Besatzer – Hoffung oder Gefahr für eine gerechtere Welt?" statt.

Zu der Podiumsdiskussion eingeladen waren Gerhard Tuschla - der als Dokumentarfilmer unter anderem für den ORF und das Schweizer Fernsehen in Krisengebieten unterwegs war und vor kurzem eine Reise in die aufständischen Gebiete des Irak unternommen hat - Albert F. Reiterer, Professor der Politikwissenschaft und der Soziologie der zu Aspekte des Völkerrechts und der Bedeutung der neuen UN-Resolution zum Irak Stellung nahm, sowie Wilfried Bader, unabhängiger Gemeinderat in Tirol (Angerberg) und Teilnehmer an Solidaritätsdelegationen in den Irak vor dem Krieg.

Gerhard Tuschla, schilderte zum Auftakt seine Eindrücke aus Bagdad und Falludscha, welche er im Rahen seiner Dokumentationsarbeit besuchte. Anhand einer fiktiven Geschichte versuchte der dem Publikum zu vermitteln, welche menschenunwürdige Belastung und Bedrohung die Besatzung für die irakische Bevölkerung darstellt. Dies verdeutlicht auch die Anzahl jener Personen, die dem Krieg der USA durch den Sturz Saddams zu Anfang noch etwas Positives abgewinnen konnten. Waren zum Zeitpunkt des offiziellen Kriegsendes noch rund 30% der Bevölkerung auf Seiten der amerikanischen Besatzer, so stehen auch diese heute, so Tuschla, geschlossen auf der Seite des Widerstands. Das auch, da die Besatzung bis zum heutigen Tag nicht gewillt war, die grundlegendste zivile Infrastruktur wieder aufzubauen. Ein Grossteil der Städte ist ohne Wasser und Elektrizität. Mit der Zunahme des Besatzungsterrors wächst auch der politische und militärische Widerstand.

Durch den Aufstand der Bevölkerung in Falluja wurde dieses zum Symbol des Widerstands der irakischen Bevölkerung. Doch auch Bagdad ist Schauplatz des Volksaufstands, wie Tuschla versichert. Trotzdem sieht er ein Problem der politischen Formierung des Widerstands in Form eines vereinigenden politischen Projekts. Es betonte jedoch, dass es eine Zusammenarbeit der Widerstandkräfteauf Basis des sofortigen Abzugs der Besatzungstruppen gibt. Daran wird keine Sicherheitsrats-Resolution etwas ändern. Denn der irakischen Bevölkerung ist klar, dass diese nicht das Ende der Besatzung bedeutet. Die von den USA ins Amt gehievte neue Regierung hat in der Bevölkerung keine Legitimität.

Professor Albert F. Reiterer nahm in seinem Betrag dazu ausführlich Stellung. Er unterstrich die Schwierigkeiten eines völkerrechtlichen Herangehens. Dieses Recht der Völker diktiert nicht mehr als Benimmregeln für Staaten und ist als solches ein Etikettenschwindel. Das verdeutlicht auch die am 8.Juni verabschiedete UN-Resolution. Diese ist, so Albert F. Reiterer wörtlich, inhaltsleer.

Die Resolution bedeutet für die USA eine halbe Niederlage und einen halben Erfolg. Sie muss die Stärke des Widerstand und ihre Unfähigkeit ein politisches System nach ihrem Willen im Irak zu etablieren eingestehen. Amerika ist auf die Hilfe weiterer Bündnispartner angewiesen und muss ihnen damit gewisse Zugeständnisse machen. Gleichzeitig zeigt die Entschleißung, dass es der USA gelungen ist ihre Bündnispartner wieder auf ihre Seite ziehen.

Diese Resolution bekräftigt die Präsenz von 160.000 US-geführten Besatzungssoldaten im Irak und gewährt der "Übergangsregierung" in Bagdad keinerlei Veto-Rechte gegenüber den Besatzungstruppen. Es handelt sich um den Versuch den politischen wie auch militärischen Widerstand des irakischen Volks zu delegitimieren. Der Irak wird jedoch weiterhin ein besetztes Land bleiben. So bleibt auch der Widerstand legitim.

Pessimistisch äußerte sich Professor Reiterer hingegen gegenüber dem Zukunftsszenario für den Irak. Die Volksversammlung, welche ein politisches Gegenprojekt und damit die Wiederherstellung der Souveränität des Irak garantieren könnte, könnte ein Mythos bleiben. Ein Szenario wie in Afghanistan sei nicht ausgeschlossen. Dieses bezeichnet er als eine "Irakisierung der Tötung".

Wilfried Bader konnte dem pessimistischen Blick Professor Reiterers nicht zustimmen. Er betonte, dass seine Hoffnung für einen gerechteren Irak weiterhin beim Widerstand liegt. Dieser muss von dem Vorwurf, der ihm auch in der europäischen Friedensbewegung gemacht wird, terroristisch zu sein, völlig enthoben sein. Denn nur dieser kann ein demokratisches Konzept für einen souveränen Staat entwerfen.