Die Absage der Wiener Freud-Gesellschaft an Prof. Edward Said

15.05.2001

Der Freud´sche Versprecher der Wiener Zionisten

Am 8. Februar dieses Jahres erteilte die Wiener Sigmund-Freud-Gesellschaft dem palästinensisch-amerikanischen Literaturwissenschaftler und Professor an der Universität Columbia Edward Said eine Absage. Dieser war ursprünglich für den 6. Mai eingeladen, um einen Vortrag über "Freuds Auseinandersetzungen mit außereuropäischen Kulturen" zu halten. Als Grund für die Absage gab der Soziologe Johann August Schülein (Präsident der Freud-Gesellschaft) in einem Brief "die jetzige Situation im Nahen Osten und die erwarteten Konsequenzen" an! Diese Absage gilt als die erste in der langen akademischen Geschichte von Prof. Said. Auf den Brief des Professors, in dem er nach dem Zusammenhang zwischen seinem Vortrag und der politischen Lage im Nahen Osten fragt, hat Herr Schülein natürlich nicht geantwortet (so Prof. Said in seiner Stellungnahme in der ägyptischen Zeitung Al-Ahram Weekly vom 15. März). In einem Telefoninterview mit der Zeitschrift New York Times (10. März 2001) erklärte Herr Schülein: "Eine große Anzahl der Mitglieder unserer Gesellschaft teilte uns mit, sie akzeptieren es nicht, einen engagierten Palästinenser einzuladen, der auch Steine auf die israelischen Soldaten wirft". Er sprach hier das berühmte Bild vom 20. Juli 2000 an, auf dem Prof. Said aus dem neubefreiten Südlibanon einen Stein in Richtung israelischer Grenze wirft. Said selbst hatte damals diesen Akt als "eine symbolische Geste der Freude über die Befreiung des Südlibanons" beschrieben. Erwähnenswert ist die Tatsache, dass die Freud-Gesellschaft ihre Einladung ursprünglich im August 2000 geschickt hatte, das heißt zwei Monate nach dem Erscheinen des Bildes in den Zeitungen!

Eine Reihe prominenter Psychologen aus der ganzen Welt schrieben der Freud-Gesellschaft einen Protestbrief, in dem sie diese Absage als "einen Widerspruch zum Geiste der Toleranz und des Verständnisses, für welchen die Psychologie als Wissenschaft plädiert" bezeichnet. Das Freud-Museum in London lud Prof. Said in einer sofortigen Reaktion auf die Wiener Absage ein, den Vortrag statt dessen in London zu halten. Der Professor erhielt auch Einladungen vom Institut humanistischer Studien in Wien und von der österreichischen Gesellschaft für Literaturstudien.

Herr Schulein musste "großes Bedauern darüber" ausdrücken, dass sich die Angelegenheit zu einem "internationalen Eklat" entwickelt hat, "statt dem internen Eklat, dem ein Said-Vortrag im Mai wohl provoziert hätte". Und warum wohl? Es ist auch noch nie vorgekommen, dass eine seriöse akademische Gesellschaft so einen politisch motivierten Schritt gesetzt hat, besonders wenn dessen Begründungen nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Dieser Freud´sche Lapsus der Wiener Freud-Gesellschaft kann nur in einem Kontext betrachtet werden, nämlich der totalen Korrumpierung einiger westlicher bürgerlicher Akademiker durch die zionistische Propaganda, welche - wie in diesem Fall - im Widerspruch zur Logik und zur Wissenschaftswürde steht. Said wurde nur ausgeladen, weil er ein "engagierter" Palästinenser ist. Dies bestreitet nicht einmal der Präsident der Freud-Gesellschaft, der in seinem Interview mit der New York Times die Absage mit der "gegenwärtigen Situation in Österreich" und der derzeit herrschenden Xenophobie und antisemitischen Statements, sowie den Befürchtungen der wenigen im Lande verbliebenen Juden verbunden hat. Diese Xenophobie wird nur auf die Palästinenser umgeleitet und der Antisemitismus und die Befürchtungen der jüdischen Bürger werden zur Verurteilung jedes Palästinensers und zur Diffamierung seines Kampfes gegen die aktuelle rassistische Politik der Zionisten und ihres Staates. "Freud wurde aus Wien verjagt, weil er Jude war. Jetzt werde ich verjagt, weil ich ein Palästinenser bin", so Prof. Said in seinem Interview in der genannten Ausgabe der New York Times.

Über den wahren Grund der Absage schreibt Prof. Said in seinem Artikel in Al-Ahram Weekly: "Das war der Preis, den sie an ihre Sponsoren in Israel und in den USA zahlten. Es haben schon Freud-Ausstellungen in Wien und New York stattgefunden und jetzt hoffen sie, eine in Tel Aviv zu veranstalten. Scheinbar haben die potentiellen Sponsoren verlangt, dass mein Vortrag abgesagt wird, damit sie die Ausstellung in Tel Aviv finanzieren". Die Zionisten, die das Verbrechen ihres Staates gegen die Palästinenser nicht mehr durch Propagandalügen vertuschen können und jede Stimme darüber zum Schweigen bringen wollen, greifen heute unverschämt auf Mafia-Taktiken zurück, die längst jenseits der Logik und Geschichte liegen. Said, dessen Audienz ständig wächst, wird schon seit langem in ihren Medien mit allen möglichen Mitteln angegriffen. Diffamierungen wie "Terrorist" oder "Antisemit" kommen immer wieder ohne Anlass und ohne jede Logik vor. Nach dem Erscheinen der Autobiographie Saids wurde ein Journalist angeheuert, der beweisen sollte, dass Said nicht in Palästina geboren wurde und dass die Biographie falsch ist. Als dieser Versuch scheiterte und sogar von Linkszionisten kritisiert wurde, wollte die zionistische Lobby die Universität erpressen, dass sie den Professor entlassen. Dies ist mangels Argumente ebenfalls gescheitert. Heute gehen die Zionisten einen Schritt weiter und finden dafür einen besseren Partner: die Wiener Freudianer!

Wir stellen daher nicht nur den Antirassismus dieser Wiener "Intellektuellen" in Frage, sondern auch ihren wissenschaftlichen Geist und ihre Glaubwürdigkeit als solche. Wir rufen alle Menschen zur Solidarität mit Professor Said auf. Man könnte z. B. bei der Freud-Gesellschaft anrufen und die Freudianer nach einer Stellungnahme fragen, damit sie wissen, dass sie mit dieser Herabwürdigung der Wissenschaft, Freuds und des palästinensischen Volkes nicht so einfach davon kommen können.