Initiative zum Dialog mit irakischen GewerkschafterInnen

27.10.2005

Visa vom deutschen Staat verweigert!, Pressemitteilung

Pressemitteilung Berlin, 21. 10. 2005

Vertretern irakischer Gewerkschaft Einreise nach Deutschland verweigert. Schützt das Auswärtige Amt die USA vor öffentlicher Kritik aus dem Irak?

Am vergangenen Freitag sollte in Berlin eine dreiwöchige Veranstaltungstour mit zwei Vertretern einer unabhängigen irakischen Gewerkschaft beginnen. Frau Boshrah A. Abbood und Herr Taha A. Ibraheem Breshdi waren von der Initiativgruppe Dialog mit irakischen GewerkschafterInnen eingeladen worden, um in Deutschland über die Lebensbedingungen und die politische Situation im Süden Iraks sowie über die Arbeitsbedingungen in der Ölindustrie zu berichten.

Die Initiativgruppe wird von Mitgliedern verschiedener Gewerkschaften, Friedensgruppen und der ATTAC-Arbeitsgruppe "Globalisierung und Krieg" getragen und von über 100 gewerkschaftlichen, friedenspolitischen, globalisierungskritischen Gruppen und Stiftungen unterstützt. Die deutsche Botschaft in Bagdad hatte uns vor zwei Wochen noch schriftlich bestätigt, dass alle erforderlichen Unterlagen für die Erteilung der Visa vorlägen und den beiden Irakern mitgeteilt, sie könnten die Visa am 18.10. abholen. Sie wurden dann zwei Tage lang mit der Auskunft vertröstet, die Genehmigung des Auswärtigen Amtes stünde noch aus. Die entsprechende Stelle des Auswärtige Amtes antwortete auf Anfrage jedoch, dass sie niemals um Genehmigung gefragt würden. Herr des Visumverfahrens wäre die Botschaft.

Am 20. 10. wurden die Visa-Anträge der beiden mit der mündlichen Begründung abgewiesen, die für sie abgeschlossene Reisekrankenversicherung hätte eine zu geringe Deckungssumme. Eine unsinnige Behauptung, da die Versicherung unbegrenzten Versicherungsschutz gewährt. Der formale Ablehnungsbescheid vom 20. 10. 2005 nennt keine Gründe. Frau Abbood und Herr Breshdi sind von der Allgemeinen Gewerkschaft der Beschäftigten im Ölsektor GUOE, einem Zusammenschluss von Betriebsgewerkschaften der staatlichen Energieunternehmen im Süden Iraks. In Arbeitskämpfen konnten sie substantielle Verbesserungen der Löhne und der Arbeitsbedingungen durchsetzen. Heute sind über 23.000 Beschäftigte der Ölindustrie in der GUOE organisiert. Die GUOE ist parteipolitisch und weltanschaulich neutral, wendet sich aber entschieden gegen die US-amerikanische Besatzung und die wirtschaftlichen Pläne Washingtons. So konnte in einer Reihe von staatlichen Unternehmen die Übernahme der Kontrolle durch US-amerikanische Firmen verhindert werden.

Vertretern der irakischen Zivilgesellschaft wird durch deutsche Behörden die Einreise nach Deutschland verweigert. Gibt es hier unmittelbaren Druck aus den USA? Oder liegt der Entscheidung freiwillige Rücksichtsnahme auf die Verbündeten zu Grunde? Das Verfahren erinnert an einen Vorfall, der sich Anfang Oktober in Italien abspielte. Vertretern der zivilen Opposition wurde durch Visa-Verweigerung die Teilnahme an einer internationalen Irak-Konferenz in Rom verweigert. Zuvor war ein Brief von 44 US-amerikanischen Kongressabgeordneten an die italienische Regierung gegangen, der in drohendem Ton ein Verbot der Konferenz und die Verhaftung der Organisatoren wegen Unterstützung des internationalen Terrorismus forderte. Nicht einmal Haj Ali, das Folteropfer, dessen Bild mit Kapuze und Elektrodrähten um die Welt ging, erhielt ein Visum. Wir protestieren - auch im Namen der unterstützenden Gruppen - gegen das undemokratische Vorgehen. Wir fordern das Auswärtige Amt und die Deutsche Botschaft in Bagdad auf, umgehend die Visa zu erteilen.

Weitere Infos finden Sie unter
http://www.labournet.de/internationales/iq/iraktour05.html
Kontakt in Berlin: Phil Butland, Tel: 030-24 63 76 28 oder Hans-Peter Richter 0171-930 61 90.

Bitte mit allen möglichen Journalisten, Abgeordneten, Gewerkschaftler über die Visenverweigerung reden. Materialien findet Ihr unter http://www.labournet.de/internationales/iq/iraktour05.html das regelmäßig upgedatet wird.

Initiativ - Verein für Demokratie und Kultur von unten e.V.
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