Aus dem Alltag in Palästina

10.07.2001

Kurzmeldungen

Eine Geburt an einer Militärsperre

Palästinensische medizinische Quellen gaben bekannt, dass eine palästinensische Frau am 7. Juni ihr Kind an einer Militärsperre nördlich der Stadt Jericho gebären musste, nachdem die Soldaten sie stundenlang an der Militärsperre angehalten und ihr den Weg zum Jericho-Spital versperrt hatten, das 40 km entfernt liegt. Erst als die Soldaten das Schreien des geborenen Mädchens im Auto gehört hatten, ließen sie Frau Jamla Hreizat und ihre Begleiterin aussteigen und zu Fuß weitergehen. Sie mussten die übrigen 20 Kilometer zu Fuß gehen. Die Mutter ist wegen starker Blutungen ebenso wie ihre neugeborene Tochter in kritischem Zustand im Spital angekommen.
Im November 2000 ist ein ähnlicher Fall vorgekommen, als ein Kind an einer Militärsperre bei Ramallah im Auto geboren worden war. Die Abriegelungen gelten als eine der ältesten und häufigsten Kollektivstrafen, die Israel gegen die palästinensische Zivilbevölkerungen ausübt.

Israelische Armee ermutigt Siedler Palästinenser festzunehmen

Nachdem seit dem Beginn der Intifada mehr als eine Million Siedler den Zionistenstaat verlassen haben, werden neue Maßnahmen gesetzt, um die Siedler zu ermutigen, in den besetzten Gebieten zu bleiben und nicht zurück in ihre Ursprungsländer zu kehren. Seit dem Beginn der Intifada sehen sich diese in Lebensgefahr und eine Fluchtwelle aus Israel findet statt.
Jetzt dürfen die Siedler Palästinenser selbst festnehmen und an die Militärbehörde übergeben. Der zionistische Polizeichef im Westjordanland Schahar Ayalon verlieh Orden an drei Siedler, die drei Palästinenser in der Nähe einer Siedlung festgenommen hatten, die laut Siedlerangaben "einen Angriff auf die Siedlung vorhatten".

Palästinensischer Arzt nach Rückkehr von Konferenz in London verhaftet

Der palästinensische Arzt Samer Awartani wurde am 17. Mai 2001 auf seiner Rückreise aus London durch die israelische Militärbehörde verhaftet. Dr. Awartani ist der Direktor vom Rafidia Krankenhaus in Nablus. Er war auf Einladung der Veranstalter einer medizinischen Konferenz nach London hingereist. Dort sprach er über die schwierigen Bedingungen, unter denen der palästinensische Gesundheitsapparat arbeiten muss. Die Informationen, die er dort vermittelt hatte, zeigten den brutalen Charakter der israelischen Maßnahmen, welche sowohl bei den Auseinandersetzungen mit den Demonstrationen, als auch bei der Belagerungspolitik, einem Massenmord ähnelten. Als Chefarzt im Spital Rafidia musste er in den letzten Monaten durchschnittlich 20 Stunden täglich arbeiten, um die pausenlos eingelieferten Verletzten zu retten. Dr Awartani ist nur als Arzt tätig und hat keine politische Funktion. Bei einem Gespräch mit dem arabischen BBC-Sender sagt sein Bruder, Dr. Awartani wurde schon im Konferenzsaal von Zionisten unterbrochen und bedroht. "Zu Hause wird ein Geschenk auf sie warten", soll ihm einer der Anwesenden gesagt haben. Bis zum Eintreffdatum dieser Nachricht (24. Mai, eine Woche nach der Verhaftung!) hatte Dr. Awartani nicht die Möglichkeit, einen Anwalt zu kontaktieren. Über Verhaftungsgründe gab die Militärbehörde nichts bekannt.
BBC – Arabischer Sender – 24.05.2001

Bürgermeister verbietet Palästina-Filmabend

Der Bürgermeister der französischen Stadt Montreuil verbot die Vorführung eines Filmprogramms, das Palästina behandelt. Das lokale Kino "Georges-Mà©lià¨s" hatte vom 30. Mai bis zum 5. Juni eine Filmwoche angekündigt, wo neue Filme über Palästina hätten vorgeführt werden sollen. Dazu waren auch eine Ausstellung zum Thema und eine Debatte mit dem Titel "Palästina, Blick über die Besatzung" geplant. Die Organisatoren riefen zu einer Protestkundgebung am 30. Mai vor dem Rathaus auf.

US-Zionisten im Kampf gegen eine Wachsstatue

Der Gouverneur New Yorks und duzende Kongress-Abgeordnete forderten am 17. Mai das Madam Toseau-Wachsmuseum in Manhattan auf, die Wachsstatue Arafats zu entfernen, weil dieser "die Gewalt gegen die Israelis fordert"! Der bekannte zionistische Abgeordnete Dov Hickend, der durch frühere Hetzaktionen gegen Arafat berühmt wurde, organisierte für diesen Zweck am 17. Mai eine Kundgebung vor dem Museum am Times-Platz. Hickend sagte: "Die Anwesenheit einer Statue Arafats neben Statuen großer Persönlichkeiten wie dem Papst, Ghandi, dem Dalai Lama oder Mandela glorifiziert Arafat und was er tut. Diese Statue muss sofort entfernt werden". 56 Abgeordente aus New York unerschrieben eine Petition, die auch vom Gouverneur Georg Patacki unterschrieben wurde.
Ein Sprecher der arabischen Amerikaner kommentierte: "Dies ist ein Unsinn, der jeden weiteren Dialog noch schwieriger macht, New York ist noch radikaler als jeder andere Ort. Es geht bei dieser Kundgebung darum, die Stimmen der Israel- Anhänger in New York zu gewinnen, wo die Bürger jüdischen Glaubens 12% der Einwohner ausmachen". Hussein Obeisch, der Sprecher des arabischen amerikanischen Komitees gegen Diskriminierung fügte hinzu: "Politisch und psychisch tun sie, als ob die Palästinenser nicht existieren und als ob nach der Entfernung einer Statue einer palästinensischen Persönlichkeit alles wieder in Ordnung für sie sein würde".
Der Generaldirektorin des Museums Janin Scarbello lehnte diese Forderung ab und sagte in der Stellungnahme: "Die Entscheidung, ob eine Statue hier steht oder nicht, ist von jedem politischen oder religiösen Standpunkt unabhängig".

Türkisch-Israelisch-Amerikanische Luftmanöver

Ankara: Eine israelische diplomatische Quelle gab am 7. Juni bekannt, dass ab 17. Juni ein gemeinsames Manöver der türkischen, israelischen und US-amerikanischen Luftwaffe im Gebiet Konya in Mittelanatolien stattfinden wird. Über das Manöver, das Anatolian Eagle heißen wird, wollten die türkischen Militärsprecher kein Kommentar abgeben. Der militärische Kooperationsvertrag zwischen der Türkei und Israel gilt seit seiner Unterzeichnung als Ärger- und Besorgnisquelle aller Umgebungsländer.