Aus dem Alltag in Palästina

26.09.2001

Kurzmeldungen

Nuriddin Odeh - 6 Monate alt, drei Kugeln im Bauch!!!

Nablus - Amin Abu Wardeh - AlQudsAlArabi:
Das Kind Nuriddin Odeh, sechs Monate alt, wurde am Samstag. den 18. August auf dem Weg von Nablus zum Dorf Deir El Hatab auf dem Schoß seiner Mutter erschossen.
Seine Mutter, Ni´ma Odeh, war eine von Hunderten PalästinenserInnen, die täglich über alle mögliche Umwege in die Stadt fahren müssen, um alltäglichen Sachen zu erledigen.
Am Samstag Abend wurde die Autokarawane mit Tränengasbomben und Gummigeschossen angegriffen. Die Besatzungssoldaten schossen hysterisch in die Menge. Dann kam ein Panzerwagen, aus dem ein Soldat mit dem Maschinengewehr aufs Auto schoss. Nuriddin wurde von drei Kugeln im Unterbauch getroffen. Augenzeugen berichten, wie stolz der Soldat auf dem Panzer stand und die beobachtete, die hilflos versuchten, den Säugling zu retten. Im Spital Rafidia, das seit September 2000 überlastet ist, konnten die Ärzte nicht viel tun. Nuriddin starb am Sonntag früh.
Seit September 2000 sind 163 palästinensische Minderjährige von Besatzungssoldaten erschossen worden.

Wollte eine Schultasche für seine Tochter kaufen, wurde auf dem Weg erschossen!

Nablus - Christine Hauser - AlQuds AlArabi: Der 38-jährige Tischler Maen Abu Lwayyeh verließ am 23. August sein Dorf südlich von Nablus und ging in die Stadt, um seiner sechsjährigen Tochter, die ab September die erste Schulklasse besuchen sollte, eine Schultasche zu kaufen. In einem Geschäft in Nablus kaufte er eine kleine schwarze Tasche, auf der mit weißen Buchstaben englische Parolen gedruckt waren. Und er machte sich auf den Heimweg durch die Berge, um die israelische Militärsperre zu umgehen. Dort wurde er von israelischen Scharfschützen am Hals tödlich getroffen. Seine Hand griff noch fest an die schwarze Tasche. Die Parolen auf der Tasche wirken bitter und ironisch: "Love is everything alive" und "Don´t make war"!

Zionistischer Vizeminister will sich an Verwandten von Attentätern rächen!

Der israelische Vizeminister für Interne Sicherheit Jedon Ezra rief am 19. August dazu auf, "Verwandte der Selbstmordattentäter zu liquidieren, um künftige Attentäter abzuschrecken". Dies sagte er im israelischen Fernseher und fügte hinzu: "Ein Selbstmordkandidat soll begreifen, dass seine nahen Verwandten den Preis seiner Tat bezahlen müssen und vielleicht liquidiert werden ...... Wir müssen die Väter liquidieren, um die Söhne abzuschrecken". Er rechtfertigte seinen Aufruf damit, dass "die Väter genau wissen, was ihre Söhne vorhaben, und sie davon abhalten könnten".

Soldaten brechen einem palästinensischen Arbeiter den Kiefer

Bethlehem-AFP-20.08.01: Die Besatzungssoldaten verprügelten an der Militärsperre zwischen Bethlehem und Jerusalem den Palästinenser Jamil Schaer. Er wurde schwer verletzt ins Spital eingeliefert. Sein Kiefer ist gebrochen und er leidet an Ohrenblutung. Augenzeugen berichteten, dass ihn die Soldaten auf einem Umweg durch die Oliverbäume erwischten, "seine Haare ergriffen und seinen Kopf gegen einen Stein schlugen". Jamil Schaer ist 30 Jahre alt und kommt aus Taqou, einem Dorf bei Bethlehem. Er ist einer von Hunderten Palästinenser, die sich täglich in "israelische" Gebiete schleichen, um illegal zu arbeiten. Vor Oktober 2000 arbeiteten täglich 130 000 Palästinenser in Israel, 45 000 von ihnen legal. Heute schaffen es nur ein paar Hunderte, die streng bewachten Sperren zu umgehen. Diejenigen, die dabei erwischt werden, sind der physischen Gewalt der Soldaten ausgesetzt.

Massaker an Kriegsgefangenen im Sechs-Tage-Krieg
Am dritten Tage des "Sechs-Tage-Krieges" 1967, in der die israelischen Truppen das Westjordanland, die Sinai-Halbinsel und die Golanhöhen besetzt hatten, verübte die israelische Armee auf dem Sinai ein Massaker an zahlreichen ägyptischen Kriegsgefangenen. Dieses Massaker musste ein Geheimnis bleiben und alle Anfragen Ägyptens nach den "Kriegsverschollenen mussten unbeantwortet bleiben, bis die Tagebücher und die Zeugenberichte israelischer Soldaten und arabischer Überlebende in der Öffentlichkeit auftauchten.
Zum Beispiel berichtet ein Augenzeuge, wie am 6. 6. 1967 im Zentrum der Stadt Arich (einer ägyptischen Stadt im Norden des Sinai) sechzig ägyptische Kriegsgefangene bei der Moschee gesammelt und mit Maschinengewehren niedergemäht wurden. Es gab zahlreiche weitere Berichte über Erschießungen, Niederwälzungen mit Panzern, lebendig Begrabene usw.
In seinem neuen Buch "Secret Body" verbindet der amerikanische Autor James Pamford die Versenkung des amerikanischen Kriegsschiffes "Liberty", das von der israelischen Marine und Luftwaffe bombardiert wurde, mit den Massakern an ägyptischen Kriegsgefangenen. Das Kriegsschiff, das zur Spionage diente, sollte Informationen über diese Massaker registriert haben. Das amerikanische Schiff näherte sich am 8. Juni dem Hafen des schon besetzten Arisch, während die israelischen Truppen die Vernichtungen der Kriegsgefangenen fortsetzten. Drei Boote der israelischen Marine und dann Kampfflugzeuge, beschossen das Schiff mit Napalm-Bomben und 34 amerikanische Militärs sind getötet worden. Israel definierte den Angriff als "einen Fehler". Um Israel zu decken unternahm der amerikanische Kongress keine Untersuchungen und die Affäre wurde von den amerikanischen Medien kaum erwähnt. Laut Dokumenten der amerikanischen Nationalsicherheitsagentur und deren damaligen Sprecher Tordella war das Primäranliegen der USA Israel zu schützen und dies vor der amerikanischen Öffentlichkeit zu rechtfertigen.

Aida-Betlehem-AFP: 29.08.2001:
Nach dem Eindringen der israelischen Truppen in das palästinensische Flüchtlingslager Aida und nach der Besetzung einiger Gebäuden mitten im Lager, hielten sich zwanzig Palästinenser im Gebäude auf. Sie wurden als menschliche Schilder gegen Angriffe der Widerstandskämpfer des Lagers benützt. Die Hausbesetzung dauerte drei Tage, bis die Truppen abgezogen sind. Taisir Maschayehk, einer der Geisel erzählte dem französischen Nachrichtenagentur, wie die Soldaten ihn und weiterte 19 Personen in einer Wohnung festhielten, während sie aus der Wohnung auf die Widerstandskämpfer geschossen haben. "Wir hatten nichts mehr zum Essen und kein Milch für die Kinder. Für die Kinder war es schrecklich. Eine alte Frau war dabei, die einen Anfall gekriegt hat. Sie erlaubten uns nicht, sie ins Spital zu bringen". Die Angestellten der UNRWA versuchten vergebnes, die Zivilisten aus dem Gebäude zu evakuieren. Die UNRWA (UNO-Flüchtlingshilfsorganisation) verurteilte in einem Protestbrief an die israelische Regierung die Geiselnahme der Zivilisten, die "einen Lebensgefährdung für Kinder, Frauen und Ältere darstellt". Sechs palästinensische Lagerbewohner wurden am 29 August durch israelische Schüsse verletzt.