NGOs vor Ort unterstützen!

18.08.2006

Ein Kommentar zum israelischen Krieg gegen den
Libanon und dem Geschäft mit der Nothilfe

Wieder einmal werden mit amerikanischen Finanzen Menschen ermordet und in die Flucht getrieben und eine Region auf der Welt zerstört, niedergemäht, kaputt gemacht. Währenddessen erdreisten sich die Europäer via Sprachrohr der EU - denn ein anderes findet sich schon seit mindestens einem Jahrzehnt nicht mehr - von Soforthilfe zum Wiederaufbau zu reden. Brüssel ist sich nicht zu blöd, lieber Millionen Euro in Bewegung zu setzen, um die vom Aggressor Israel niedergebombten Stadtteile wieder aufzubauen, medizinische Versorgung für die Überlebenden zu bieten, Camps für traumatisierte Kinder zu organisieren und ach so viele weitere Gutmensch-Aktionen zu starten, als lautstark ein Einhalten der Zerstörungen zu fordern. So geschieht es jetzt also im Libanon, so passiert es seit 1994 im Westjordanland und in Gaza, so passiert es seit 1991 im Irak, sowie in vielen weiteren Regionen der Welt, die von den westlichen Medien unbeachtet bleiben.

Um die Hilfe umzusetzen, bedient sich der Westen Nichtregierungs-Organisationen, die allesamt im Westen ihre Zentralen haben. Logistisch sind die Einsätze ein Riesenaufwand. Menschliche Strapazen abgerungen werden aber den ins Ausland Entsandten, etliche schlecht bis gar nicht bezahlt. Ein Zückerchen ist, dass Auslandseinsätze steuerfrei sind. Alle NGOs sind trotzdem chronisch unterversorgt, was kompetente Mitarbeiter anbelangt. Denn es wird für einen derartigen Auslandseinsatz nicht nur Fachkompetenz verlangt, sondern vor allem auch soziale Kompetenz in einem anderen kulturellen Umfeld und natürlich gute Fremdsprachenkenntnisse. Gerade erst erfuhr ich von einem nach nur zwei Monaten mit schwerem Burn-out-Syndrom heimgeholten Österreicher, der für eine große NGO im pakistanischen Erdbebengebiet eingesetzt wurde und den Kulturschock nicht verkraftete. Mitarbeiter müssen nicht nur 24 Stunden präsent sein, was etwa auch heißt Mobiltelefone über Nacht eingeschalten zu lassen, Wochenendsarbeit und Zusammenlegung von Wohn- und Arbeitsplatz auf einen Raum, um Dauereinsatz zu gewährleisten. Ausbrennen ist die häufigste, aber auch akute Krankheiten wie Herzinfakt, Schlaganfall und Nervenkollaps sind die Folge. Wer nicht nach einigen Jahren wieder aussteigt, läuft überdies Gefahr soziale Kontakte in der Heimat komplett zu verlieren und zu vereinsamen.

Tatsache ist, dass die Regierungen weltweit immer weniger soziale Aufgaben in Angriff nehmen, bzw. nehmen können und die NGO-Tätigkeit deshalb noch weiter ansteigen wird. Das heißt aber nicht, dass NGOs völlig frei agieren können. Vor allem Auslands-NGOs werden oft und oft nicht zu unrecht misstrauisch beäugt. Missionstätigkeit in politischer und religiöser Absicht wird ihnen nachgesagt. Das führt oft zu weiteren Spannungen - Druck (Finanzen) und Gegendruck (behördliche Auflagen) sind die Konsequenzen.

Nun also Libanon. Große NGOs haben schon zu Spendenaktionen aufgerufen. Akkreditierung von Einsatzleuten ist am Laufen. LKWs werden beladen.

Libanesen sind entgegen hier gängiger Meinung keine dahergelaufenen Bombenwerfer oder arme Exoten. Der Großteil der Libanesen sind mehr oder weniger gebildete Menschen wie auch in unseren Breiten. Im Libanon gibt es die größte Dichte von Verlagen in der arabischen Welt. Kunst und Kultur sind ebenso etabliert wie bei uns - Theater und Jazzclubs in Beirut vom Feinsten. Und natürlich haben die Libanesen auch eigene karitative Organisationen. Denn die Unterstützung der zentralen libanesischen Regierung ließ zu wünschen übrig. Und die Hilfe der UNO und des Roten Kreuzes/Halbmonds waren unzureichend. Dort, wo heute die Israelis alles in Schutt und Asche bomben, im Südlibanon, lebten seit der Staatsgründung die armen Bevölkerungsschichten, vor allem, weil hier die großen palästinensischen Flüchtlingslager angesiedelt sind.

"Die Situation der palästinensischen Flüchtlinge im Libanon hat sich seit dem Ende des 16-jährigen Bürgerkrieges nicht gebessert. Im Gegenteil - Während der Libanon zu altem Glanz und Glorie zurückkehrt, wird die Situation der Flüchtlinge immer schlechter. Die politische Situation im besetzten Palästina, in den palästinensischen Autonomiegebieten, ist aussichtslos geworden. Rivalisierende Palästinensergruppen bekämpfen sich selbst genauso wie die israelische Armee. … Die palästinensischen Flüchtlinge sind somit zum Großteil von ausländischen Hilfsorganisationen, Projekten und NGOs abhängig geworden. Leider gibt es aber auch da noch viel zu wenig Projekte."

Diese Zeilen schrieb Thomas Kukovec (www.thomaskukovec.com) noch im Juni 2006, bevor er sich wieder in den Libanon aufmachte, wo er als freiwilliger Helfer u.a. bei Nabaa tätig ist und von dem Angriffskrieg der Israelis überrascht wurde.

Von zwei NGOs vor Ort erreichten mich jetzt Hilferufe. Deren Anliegen und Projekte stelle ich im Weiteren kurz dar und ersuche Spenden, die geleistet werden, direkt an diese NGOs vor Ort zu überweisen.

Ganz aktuell und erst seit dem Angriff der Israelis sind die Projekte des Sanayeh Relief Centers. Es ist ein Zusammenschluss mehrerer Organisationen, vor allem auch jener im Gazastreifen, die Erfahrung in solchen und ähnlichen Situationen mitbringen. Ihr Anliegen ist Soforthilfe für alle jene, die ihre Wohnung, ihr Zuhause durch die Zerstörungen verloren haben. Sie errichteten Schlafplätze vor allem in 27 Schulen. Zur Zeit sind 8837 registrierte Personen untergebracht, wovon etwa 1500 Babys und Kleinkinder sind. Sie kümmern sich außerdem um medizinische Versorgung, Nahrung und Trinkwasser. Auf ihrer Homepage können Fotos und nähere Informationen zum derzeitigen Stand aufgerufen werden:

http://sanayehreliefcenter.blogspot.com
Konto lautend auf: Greenline Association
Kontonummer.: 6189003
Bank: Bank of Kuwait and the Arab World
SWIFT-Code: BKAWLBBE
Greenline Association
3rd floor, Yamout building, Spears 174,
Sanayeh, Beirut, Libanon

Als zweite NGO vor Ort möchte ich Nabaa vorstellen. In der alten phönizischen Stadt Saida oder das Sidon der Römer und Kreuzritter arbeitet diese libanesische NGO mit palästinensischen Kindern aus den Lagern und den libanesischen Einwohnern, mit mehrheitlich christlichem Hintergrund.

"Lernen in und durch die Gemeinschaft", Selbstständigkeit und kulturelle Identität fördern, können als Übermotto für ihre Projekte begriffen werden. Die Arbeitsgruppen sind unterteilt in "Arbeit mit Kindern 6-12 Jahre alt", "Arbeit mit Jugendlichen von 13-18", "Arbeit mit den Erwachsenen und der Umgebung". Letztere Arbeitsgruppe ist vor allem in Erwachsenenbildung, Gesundheitsbildung und Umwelterziehung aktiv. Hier arbeiten sie vor allem auch mit folgenden europäischen NGOs zusammen: UNESCO, World Vision, Oxfam GB, sowie mit The Arab Resource Collective in Zypern und Libanon. Außerdem sind sie Mitglied bei Child Rights Network.

Am 22. Juli 2006 um 6.37 morgens erreichte mich eine Nachricht von Qassem Saad, dem Direktor von Nabaa: "Vielen Dank für Deine Solidarität mit unserem Volk! Unser österreichischer Volontär und unsere kanadische Volontärin sind nach Syrien geflüchtet. Wir harren hier mit unseren Leuten in Saida aus. Der Alltag ist schwer geworden und alle haben Angst, aber das wichtigste ist, wir halten zusammen."

Für weitere Informationen zu dieser libanesischen NGO: www.nabaa-lb.org

Für Spenden an diese libanesische NGO:
Società© Generale de Banque au Liban (Saida Branch) Lebanon
Konto lautend auf: developmental action without borders (naba'a) .
Kontonr. : 018004360359048011
SWIFT-Code: SGL I LBBX
Developmental Action without Borders / Naba'a
Libanon, Saida

Elisabeth Gschaider
23.Juli 2006

Elisabeth Gschaider lebt in Wien und ist in der Solidaritätsbewegung mit Palästina aktiv. Sie kann unter folgender E-Mail-Adresse kontaktiert werden:e.gschaider@ottensheim.at