Die palästinensischen Gefangenen werden auf unmenschliche Weise gefoltert

23.05.2002

B´tselem (das Israelische Zentrum für Menschenrechte in den besetzten Gebieten) hat von "einer sicheren israelischen, offensichtlich militärischen Quelle", die anonym bleiben möchte, erfahren, dass die Palästinenser im Militärlager Ofer am Stadtrand von Betunia, einem Vorort von Ramallah, während der Verhöre gefoltert werden.
Der Sprecher von B´tselem, Lior Livne, erklärt dazu: "Im Augenblick verfügen wir noch über wenige Informationen, aber wir wissen, dass es sich bei diesen Folterungen keineswegs um isolierte Fälle handelt, wir wissen dass die Verhöre von extremer Härte sind und uns ist auch bekannt, dass in einigen Fällen den Verhafteten die Zehen zerquetscht wurden, um sie zu einem Geständnis zu zwingen oder zur Preisgabe von Informationen, nach denen die Sicherheitskräfte auf der Suche sind.
Wir versuchen, die genaue Anzahl der Verhafteten herauszufinden, die nach Ofer gebracht worden sind, aber das ist nicht einfach. Wir glauben, dass nicht einmal das israelische Heer selbst die genaue Anzahl der Palästinenser kennt, die sich in diesem Anhaltelager befinden."
Von Rechtsanwalt Yossi Wolson, Aktivist der Menschenrechtsvereinigung HaMoked, wurde einer der Anwälte des israelischen Heeres im Westjordanland kontaktiert, um eine Besuchserlaubnis zu erhalten, aber ohne Erfolg.
Dabei erfuhr er, dass es eine militärische Order gibt, die den Gefangenen jede Kontaktaufnahme mit ihren Rechtsanwälten verbietet.
Livne erläutert: "Diese Order ist gesetzeswidrig, denn sie darf sich nicht auf die Gefangenen in ihrer Gesamtheit erstrecken. In den militärischen Vorschriften ist festgelegt, dass eine solche Maßnahme nur im jeweiligen Einzelfall anzuwenden ist."
Nun haben B´tselem und ha-Moked (das Zentrum zur Verteidigung des Individuums), die Menschenrechtsvereinigung in Israel und die Ärzte für Menschenrechte an den Obersten Gerichtshof eine gemeinsame Petition gerichtet, in der sie eine Besuchserlaubnis für das Lager in Ofer fordern, sowie die Erlaubnis, mit den Gefangenen sprechen zu können.
Die genaue Anzahl der Gefangenen insgesamt ist nicht bekannt. Am 5. April 2002 gab ein Heeres-Sprecher die Zahl der bei der Operation Schutzschild Verhafteten mit 900 an. Die Schätzung palästinensischer Quellen liegt höher: mindestens 1.300 bis 1.400. Ein Teil von ihnen wurde in das Gefängnis Ketziot im Naqab (der Negev-Wüste) gebracht, das auch unter dem Namen Ansar-2 bekannt ist und in dem bereits während der ersten Intifada unzählige palästinensische Gefangene unter unmenschlichen Bedingungen und unter der Willkürformel der sogenannten "Verwaltungshaft" von der Außenwelt hermetisch abgeschirmt wurden. Dieses Ansar wird jetzt reaktiviert. Die israelische "Verwaltungshaft" ist eine reine Willküreineinrichtung: Auf bloße Anordnung der Sicherheitskräfte hin können Leute sechs Monate lang verhaftet werden, ohne dass Verhandlungen oder ein Prozess stattfinden.

Quelle: Michele Giorgio: Palestinesi torturati, il manifesto, 7. April 2002
Aug und Ohr, Gegeninformationsinitiative