Nieder mit der Siniora-Regierung!

30.01.2007

Die Mehrheit aller Konfessionsgruppen steht gegen das US-Marionettenregime

Es war vorhersehbar, dass die imperialistischen Handlanger im Libanon versuchen würden, die politischen Fortschritte, die als Folge der erfolgreichen Abwehr der israelischen Aggression im letzten Sommer errungen hatte, rückgängig zu machen.

Der Forderung nach einer stärkeren Beteiligung an der Macht, die von der patriotischen und im Volk verwurzelten Koalition, angeführt von der Hizbullah und der Freien Patriotischen Bewegung (FPM) des ehemaligen Generals Aoun, stellte die Hariri-Siniora-Clique das Tribunal gegen Syrien entgegen. Mit der Unterstützung des Westens und der UNO wird Damaskus das Attentat gegen den ehemaligen Premier Rafik Hariri angelastet.

Genau in jenem Augenblick, in dem die Hizbullah und ihre Verbündeten die Kampagne für Neuwahlen und die Bildung einer nationalen Einheitsregierung starten wollten, kam die Meldung von der Ermordung Pierre Gemayels. Auch in diesem Fall waren nicht nur die rechten Falangisten, zu deren führenden Familien die Gemayels zählen, sondern auch ihre Partner von der Hariri-Gruppe und der Westen schnell, abermals Syrien der Urheberschaft zu bezichtigen.

Das muss als ein Versuch interpretiert werden, die 14.März-Koalition, die sich nach der Ermordung von Hariri gebildet hatte, wiederzubeleben. Ihr war angesichts ihrer Passivität während oder gar stillen Zustimmung zur israelischen Aggression die Luft ausgegangen. Denn die größte Bedrohung für die große Mehrheit der Libanesen ist nicht eine syrische Einmischung, sondern die offene zionistische Aggression, die vom Westen unterstützt wird. Nichts zeigt dies besser als der Seitenwechsel von Aoun und seiner Bewegung, die unter der größten christlichen Konfessionsgruppe, den Maroniten, erheblichen Einfluss genießt. Aoun galt als der Feind Syriens. Heute hat er sich mit Hizbullah gegen Israel und die westliche Einflussnahme verbündet. Die propagandistische Wirkung der unbewiesenen Behauptung, Damaskus stehe hinter dem Anschlag auf Gemayel, ist bereits am Verpuffen und es erscheint daher als unwahrscheinlich, dass der 14.März-Block sich stärken wird können.

Während die westliche Medienmaschine den libanesischen antiimperialistischen Widerstand als konfessionalistisch und von außen gesteuert diskreditiert, sind diese Vorwürfe vielmehr für die herrschende Elite zutreffend.

Obwohl die Hizbullah sich auf die schiitische Glaubensgruppe stützt, hat ihre Allianz unter allen Konfessionen Masseneinfluss. Da ist die maronitische Bewegung Aouns, da sind die sunnitischen Nationalisten und islamischen Kräfte sowie die säkularen Nationalisten und Linken einschließlich der Kommunistischen Partei. Alle stehen vereint hinter dem Ziel der nationalen Souveränität gegen den Imperialismus und Zionismus mit einer vorsichtigen Tendenz zu einer überkonfessionellen Demokratie und zur mehr sozialer Gerechtigkeit, die vom traditionell liberalistischen Staat verweigert wird. In keiner Weise kann diese Koalition als Marionette Syriens oder des Irans angesehen werden. Das gilt nicht einmal für die Hizbullah, die militärisch tatsächlich von Damaskus und Teheran unterstützt wird. Hassan Nasrallah, ihr Anführer, sprach sich beispielsweise kürzlich öffentlich für den irakischen Widerstand aus, was ganz eindeutig den geostrategischen Interessen seiner internationalen Verbündeten zuwider läuft.

Auf der anderen Seite ist der 14.März-Block, der sich um die maronitische und sunnitische Handelsbourgeoisie gruppiert und vom Drusenführer Dschumblatt unterstützt wird, durch und durch konfessionalistisch. Er stützt sich auf das vom französischen Kolonialismus etablierte konfessionalistische System. Was die sunnitische Religionsgruppe betrifft, so fehlte dieser lange Zeit eine dominante Führung. Post mortem versucht man Hariri zu einem solchen Führer zu erheben und ihn in eine Ikone der proimperialistischen Eliten zu verwandeln. Dieser heterogene Block, dem die Unterstützung der unteren Schichten ihrer eigenen Religionsgruppe abgeht, stützt sich vor allem auf die USA und Frankreich. Die UNIFIL-Truppen, die von Frankreich und Italien geleitet werden, wurden - neben ihrer Schutzfunktion für Israel - dazu entsandt, die Herrschaft dieser unter Druck geratenen Eliten zu schützen.

Nationale Einheitsregierung?

In den letzten Tagen initiierte die Hizbullah und ihre Verbündeten eine Massenmobilisierung gegen die Regierung Siniora. Millionen befinden sich in den Straßen, buchstäblich den Regierungspalast belagernd. Doch nach der Antwort auf die Herausforderung des 14.März-Blocks vergangenes Jahr und noch mehr der Mobilisierung gegen den israelischen Angriff zu schließen, stehen wir erst am Anfang eines politischen Konflikts, der den Sturz der Regierung zum Ziel hat. Der Widerstand hat noch einige Karten im Talon.

Die antiimperialistischen Kräfte auf der ganzen Welt unterstützen den Volkswiederstand gegen die imperialistischen und zionistischen Handlanger in Libanon. Das unmittelbare Ziel muss der Rücktritt von Siniora und sofortige Neuwahlen sein. Das ist entgegen den Behauptungen der westlichen Staatsmänner, die von einem Putschversuch sprechen, eine zutiefst demokratische Forderung, die dem Wunsch der Mehrheit entspricht. Es ist im Gegenteil die Hariri-Clique die sich unberechtigterweise an der Macht festklammert. Sie fürchtet sich vor Wahlen, die aller Wahrscheinlichkeit zu einem Triumphzug des Widerstands würden.
Jedoch ist die Forderung nach einer nationalen Einheitsregierung reichlich unklar und dehnbar. Nationale Einheit des Volkes gegen den Zionismus und Imperialismus ist sicher notwendig. Doch sie ist mit dem 14. März-Block definitiv nicht möglich, die mit ersteren unter einer Decke stecken. Nationale Einheit heißt kompromissloser Antiimperialismus.

Das Ziel der revolutionären antiimperialistischen Kräfte muss es sein, die Macht des 14.März-Blocks zu zerschlagen, die Machtübernahme der Widerstandskräfte zu befördern, um das konfessionalistische System abschaffen und einen demokratischen, auf die Volksmassen gestützten Staat zu bilden.
Das ist sicher keine einfache Aufgabe, denn die Feinde sind zahlreich und könnten mit dem Ziel wachsen. Ein Bürgerkrieg auf konfessioneller Basis ist indes unbedingt zu vermeiden, denn er würde den Widerstand nur spalten und isolieren. Die Konfrontation auf einem klaren Programm der nationalen Souveränität, der überkonfessionellen Demokratie des Volkes und der sozialen Gerechtigkeit gegen die libanesischen Eliten und ihre westlichen Hintermänner ist jedoch unvermeidlich und muss vorbereitet werden. Die gegenwärtigen Mobilisierungen können diesem Zweck dienen.
Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass Israel, die USA und ihre europäischen Alliierten eine Revanche für die Niederlage, die ihnen der von der Hizbullah geführte Widerstand beibrachte, anstreben. Ihre kriegerischen Anstrengungen könnten dieses Mal nicht auf den Libanon beschränkt bleiben, sondern das militärische Re-Design der ganzen Region, in der ihre Vorherrschaft nicht nur von Widerstandsbewegungen von unten, sondern auch von den berüchtigten "Schurkenstaaten" zunehmend herausgefordert wird, anstreben. Sich auf eine solche Aggression vorbereiten, heißt im Libanon, die Hariri-Clique und die 14. März-Koalition zu schwächen oder wenn möglich sogar abzusetzen.

Antiimperialistisches Lager
2. Dezember 2006