Gesinnung wieder strafbar: Strafverteidiger Binder zum Islamistenprozess

09.03.2008

Diskussion mit Strafverteidiger Binder Mi 12.3.

Meinungsfreiheit versus Kulturkrieg gegen den Islam?

Mi, 12..3.2008, 19h
Okaz, Gußhausstr. 14/3, 1040 Wien
Mit einer Darstellung des …§278 StGB sowie der EU-Terrorliste
[Anwalt Binder hat sein Kommen zugesagt, dieses könnte sich aber wegen der Session der Jury sowie der möglichen Urteilsverkündung verzögern.]

Der Prozess gegen Mohamed Mahmoud und Mona Salem Ahmed führt nicht nur hart an die Grenze des Rechtsstaates, sondern zeigt wie sehr die Islamophobie schleichend zur Staatsdoktrin erhoben wurde. Zudem gerät der Prozess zur Legitimation des Überwachungsstaates insbesondere was das Medium Internet betrifft.

Da ist der Ausschluss Salem Ahmeds vom Prozess wegen des Gesichtsschleiers. Dieser sei eine unziemliche Missachtung des Gerichts und bringe überdies islamistische Gesinnung zum Ausdruck. Doch welches Gut steht nach einem elementar-demokratischen Rechtsverständnis höher: das Recht auf die Teilnahme am eignen Prozess oder der Respekt und die Offenheit gegenüber der Jury? Sogar Experten aus dem Justizministerium sehen den Ausschluss als nicht gerechtfertigt.

Ist der Wunsch, den Islam nicht nur als Religion, sondern als Richtschnur für das eigene tägliche Leben einschließlich der Politik zu nehmen - eine mögliche Definition für Islamismus -, ein Verbrechen? Mag sein, dass das Tragen des Gesichtsschleiers tatsächlich islamistische Gesinnung zum Ausdruck bringt. Doch das dürfte nach dem Prinzip der Meinungsfreiheit kein Kriterium für Terrorismus sein.

Der ganze Prozessverlauf ist dadurch geprägt, dass Richter Gerstberger Mahmouds politische Meinung festmachen und zum Kriterium des Urteils machen will. Immer wieder wird deutlich, dass Gerstberger die westliche Truppenpräsenz im Irak und in Afghanistan als demokratische Segnung ansieht. Zwischen dem Widerstand gegen westliche Invasionstruppen - die Mahmoud mit dem Verweis auf das Völkerrecht legitimiert - und Anschlägen gegen Zivilisten in Europa - die der Angeklagte ausdrücklich ablehnt - gibt es für Gerstberger keinen Unterschied. Die alte koloniale "mission civilicatrice" gegen die islamischen Barbaren im Richterstand?

Der Prozess ist auch deswegen ein Novum, weil es weder klassische Straftaten noch Indizien auf deren Vorbereitung gibt, sondern ausschließlich Internet-Kommunikation. Dabei scheint klar, dass die Überwachung des Computers nicht einmal legal war, da es dafür keine richterliche Genehmigung gab.

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