Goldstone-Bericht: UNO-Menschenrechtsrat verurteilt Israel

23.10.2009

Kommentar von M. Aburous

 

Am 15. Oktober tagte wider Erwartungen die Sondersitzung des UNO-Menschenrechtsrat, um den Bericht des südafrikanischen Richters Richard Goldstone über die Menschenrechtverletzungen während des israelischen Angriffs auf Gaza am Anfang dieses Jahres zu diskutieren. Der Goldstone-Bericht beschuldigt den israelischen Staat Kriegsverbrechen und eventuell Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Der Bericht verurteilt auch den Raketenabwurf seitens der Palästinenser auf angrenzende israelische Wohngebiete.

Basierend auf den im Bericht enthaltenen Anschuldigungen verurteilt die Resolution des UN-Menschenrechtsrates den Staat Israel für mangelnde Kooperation mit dem Untersuchungskomitee über die Vorgänge während des Krieges. Sie verlangt die Durchsetzung aller im Bericht aufgelisteten Bestimmungen. Demnach soll eine seriöse Untersuchung der Ereignisse stattfinden. Die Resolution sieht im Falle der Nicht-Kooperation das Einschreiten des UNO-Sicherheitsrates vor. Somit wird erstmalig die Möglichkeit eröffnet, israelische (und auch palästinensische) Politiker und Militärs vor das internationale Strafgericht zu stellen.

Zwei Wochen zuvor war die palästinensische Autonomiebehörde (PNA) unter politischem Beschuss gekommen, als diese den US-amerikanischen und israelischen Erpressungen nachgegeben und eine Verschiebung der Debatte über den Bericht beantragt hatte. Zusätzlich angestachelt von den Ereignissen in Jerusalem verbreiteten sich Proteste in den arabischen und islamischen Länden, deren Regierungen unter Druck gerieten.

Die Tatsache, dass die Abstimmung nun doch stattgefunden hat, gilt als politischer Rettungsring für die Kollaborationsregierung von Mahmoud Abbas, deren Rücktritt sogar von moderaten Kräften und EU-nahen NGOs verlangt worden war.

 

Die Heuchelei der europäischen Elite

 

Als "scheinheilige Resolution" bezeichnete der Kommentator der Tageszeitung "der Standard" Christoph Prantner die Resolution. Am selben Tag und fast mit denselben Worten wie sein Kollege in der "Presse" Helmar Dumbas qualifizierte er die Resolution mit dem Argument ab, dass diese von Staaten mit bedenklichen Menschenrechtsregistern beschlossen worden war (Printausgaben, 17.10.2009).

Laut den beiden Kommentatoren besteht Israels Fehler darin, mit dem Untersuchungskomitee nicht kooperiert zu haben. Insgesamt waren die Reaktionen sowohl in der Politik als auch in den Medien weit weniger enthusiastisch

 als nach einer ähnlichen Verurteilung der sudanesischen Regierung. Auf die Inhalte des Goldstone-Berichtes wird nicht eingegangen. Man ist nur entsetzt, dass die "einzige Demokratie" im Nahen Osten von einem Gremium verurteilt wird, in dem Staaten wie Ägypten, China und Saudi-Arabien sitzen.

Beschämend ist nicht nur die Tatsache, dass ein solcher Vergleich mit den westlichen Alliierten Ägypten und Saudi-Arabien nie im Zusammenhang mit der Verurteilung der Menschenrechtslage im Iran gezogen wird, sondern auch dass die begangenen Kriegsverbrechen Israels kein Gegenstand der Diskussion sind.

Es liegt in der Natur der Dinge: Staaten, die den israelischen Angriff nicht verurteilten und nicht einmal zu einem Aufruf zum Waffenstillstand in der Lage waren, wollen nun in diesem Angriff keine Kriegsverbrechen sehen. Wer "bedingungslose Solidarität" mit Israel verkündet (Merkel), möchte sich in einem internationalen Tribunal nicht auf der Anklagebank hinsetzen.

Als Erstreaktion auf die Abstimmung verbanden die USA ihre Unterstützung des Friedensprozess mit der Forderung an die PNA, keine Versuche zu unternehmen, Israel bei internationalen Gremien anzuklagen bzw. zu versuchen, israelische Personen aufgrund von  Menschenrechtsverletzungen vor Gericht zu stellen.

Laut einem Interview von Richard Goldstone vom 22. Oktober mit dem qatarischen Sender „Aljazeera“, sind sowohl die USA als auch Russland und China gegen eine Diskussion seines Berichtes vor dem UNO-Sicherheitsrat.

Wenn auch die scheinbaren Differenzen zwischen den Regierung Netanyahus und den US- und EU-Regierungen Druck auf Israel ausüben, so darf man sich keine Illusionen machen, dass bald israelische Generäle nach Den Haag bestellt werden.

Es hat sich bisher gezeigt, dass solche Tribunale nur für Länder bestimmt sind, deren Regime beim Westen in die Ungnade fallen, wie etwa Jugoslawien und der Sudan. Ein Staat wie Israel darf hingegen seinen Krieg (auf niedriger Intensität) und seine Blockade gegen Gaza weiter führen.

 

Mohamed Aburous