Israel mobilisiert Marine gegen Solidaritätsflotte

Campaign: 
30.05.2010
Mohammed Aburous
Von den deutschsprachigen Mainstream-Medien weitgehend ignoriert, findet in diesen Tagen am Mittelmeer eine weitere Konfrontation zwischen der „Freiheitsflotte“ der Solidaritätsbewegung und der israelischen Marine statt.
Freiheitsflotte

Ein Konvoi von mehreren Schiffen segelt in Richtung Gaza, um Hilfsgüter und eine Solidaritätsbotschaft zum belagerten Streifen zu bringen.

Die rechtsextreme israelische Regierung gab am Mittwoch 26. Mai der Armee und der Marine die Anweisung, den Schiffkonvoi daran zu hindern, Gaza zu erreichen.
Die israelische Marine droht, die Schiffe mit Gewalt zu kapern. Im israelischen Hafen Aschdod wurden provisorische Baracken errichtet, um inhaftierte Schiffinsassen einzuquartieren.

Aussagen des israelischen Sozialministers Itzak Herzog, der eine Landeerlaubnis für die Schiffe mit der Freilassung des von Hamas gefangenen israelischen Soldaten verknüpft, stellt die Ernsthaftigkeit israelischer Sicherheitsbedenken in Frage und entlarvt die israelische Haltung als eine erpresserische Hungerblockade.

Vier Schiffe verließen am Mittwoch Griechenland auf dem Weg nach Gaza. Bei Zypern trafen sie sich planmäßig mit weiteren Schiffen aus der Türkei, Algerien und Irland. Gemeinsam bilden sie die „Freiheitsflotte““, deren Ziel das Durchbrechen der Hungerblockade von Gaza ist.

Die zypriotischen Behörden gaben israelischem Druck nach und gaben am Donnerstag den türkischen Schiffen keine Erlaubnis, an zypriotischen Häfen anzulegen, um fünfzehn europäische Prominente, darunter zwölf Parlamentarier und den schwedischen Schriftsteller Henning Mankell abzuholen. Ihnen wurde auch nicht erlaubt, den Hafen mit Kleinbooten zu verlassen, um sich der Flotte anzuschließen. Die Anwesenheit der Parlamentarier dürfte ein Störfaktor für die Kaperaktion der israelischen Marine darstellen. Eine Verhaftung von Parlamentariern mitten im Meer und ihre Verschleppung zu israelischen Häfen kann zu einem diplomatischen Eklat werden. Inzwischen ist es einigen der prominenten und parlamentarischen Aktivist/innen gelungen, die Schiffe zu besteigen.

Plangemäß sollen die Schiffe sich am Sonntag Nachmittag Richtung Gaza bewegen, um sicherzustellen, dass eine mögliche Konfrontation mit der israelischen Marine bei Tageslicht stattfindet. Die israelische Armee hat angekündigt, Fernseh-Live-Sendungen aus den Schiffen mit Rauschsignalen zu stören. Am Samstag Abend wurde bekannt, dass zwei der Schiffe unter ungeklärten Umständen Defekte aufweisen und daher am Konvoi nicht teilnehmen können. Laut Al Jazeera traf auch das irische Schiff bisher nicht am Treffpunkt ein.

Anstatt aus acht besteht der Konvoi nun aus fünf Schiffen. Ursprünglich sollten 750 solidarische Personen aus mehr als 60 Staaten, darunter 44 prominente Persönlichkeiten und Parlamentarier die Blockade durchbrechen. Der Konvoi bringt eine Ladung von 10 000 Tonnen Hilfsgüter und Baumaterial für den ausgehungerten Streifen sowie einhundert Fertighäuser für Kriegsbeschädigte und fünfhundert Rollstühle für Gehbehinderte. In Gaza bereiten die Palästinenser/innen mittlerweile den feierlichen Empfang vor.

Der Sprecher des Hilfskomitees, Bülent Yildirim, beschrieb die israelische Reaktion als „lächerlich“, denn „wenn ein Staat seinen ganzen Apparat gegen eine zivilgesellschaftliche Initiative mobilisiert, dann ist dies an sich ein Erfolg für den Konvoi“.

Der grechische Mitorganisator Vangelis Pissias äußerte sich ebenfalls trotz israelischer Drohungen bestimmt. Das Verhalten Israels ist genau so inakzeptabel wie sonstwo. Wir dürfen keiner Militärmacht erlauben, Menschen auf diese Weise gefangen zu halten". Er äußerte sich solidarisch mit dem palästinensischen Widerstand: "Diese Leute tun das, was die Realität sie zu tun zwingt. Die ganze Welt sah das israelische Vebrechen in Gaza vor einundhalb Jahren". Pissias segelte schon 2008 eines der ersten Boote, mit denen die Gaza-Blockade durchbrochen wurde.

Besorgt äußerte sich der Geschichtsprofessor Mattias Gardel, ebenfalls ein Teilnehmer: "Wir sind nicht bewaffnet und sie sind es. Sie kommen mit Marine und Kommando. Das wird eine Komödie." Er rief die israelische Regierung auf, Gewalt zu unterlassen und die Türen zu öffnen.
Der Schiffskonvoi nach Gaza ist eine qualitative Wende in der Solidaritätsarbeit gegen die Blockade und stellt ein Zeichen von Willenskraft dar. Obwohl es letztes Jahr Israel gelungen ist, die Schiffe nach Gaza zu kapern, und trotz der sturen Haltung des ägyptischen Regimes, Hilfsaktionen zu schikanieren und die Gaza-Grenze für politische Solidarität unerreichbar zu machen, gelingt es der Solidaritätsbewegung immer wieder, neue Initiativen zu ergreifen. Es ist noch offen, wie diese Aktion ausgeht und ob die Aktivist/inn/en oder die Hilfsgüter Gaza erreichen, jedoch ist die politische Aussage gegen die Blockade und das Durchbrechen des Schweigens an sich ein Erfolg.

Es ist die Aufgabe der solidarischen Kräfte am Land, sich mit den Freunden auf See zu solidarisieren und gegen die Mittäterschaft der eigenen Regierungen an der mörderischen Blockade zu protestieren. Die Bootprotestaktion der französischen Palästinasolidarität auf der Seine in Paris soll als Beispiel dienen.

Verweise