Falsche Antisemitismusjäger und echte Moslemhasser

10.04.2012
Zu Susanne Winters Anschuldigung an die Zeitschrift „Intifada“

Am 19.3.2012 stellte Dr.in Susanne Winter, Abgeordnete der FPÖ, eine parlamentarische Anfrage an Bundeskanzler Faymann, in der sie die Publikation „Intifada – Zeitschrift für den antiimperialistischen Widerstand“ als „antisemitische Publikation“ bezeichnete und anfragte, ob sie öffentliche Fördergelder erhielte.1

Wir, die Unterzeichneten, haben in der Vergangenheit Beiträge in dieser Publikation veröffentlicht und/oder sind LeserInnen. Wir stellen in Bezug auf Susanne Winters parlamentarische Anfrage Folgendes fest:

Frau Winter wurde wegen antiislamischer Verhetzung rechtskräftig verurteilt. Sie hatte den Propheten Mohammad als Kinderschänder bezeichnet. Wie viel Glaubwürdigkeit können ihre Versuche, sich als Vorkämpferin gegen rassistische Diskriminierung darzustellen, haben?

Frau Winter ist Abgeordnete der FPÖ, einer Partei, die in Kontinuität zu Deutschnationalismus und Antisemitismus steht. Auf die Frage, warum sie in „Phönix“, einer Zeitschrift des Herausgebers Walter Ochsenberger, der aufgrund von Holocaustleugnung gemäß Verbotsgesetz verurteilt wurde, antwortete Frau Winter, dass ihr Geschichtsbild Privatsache sei.

In einem Leserbrief abermals im „Phönix“ (3/2006) zitiert sie unausgewiesen den deutschen Rechtsextremisten Horst Mahler: „Wir fordern die gläubige Judenheit auf, ihr Schicksal entweder als Erfüllung des Moses-Fluches anzunehmen und die Kampfhandlungen gegen unser Volk und die Völker der Welt sofort einzustellen oder mit uns gemeinsam Jahwe und seine Werke als [...] zu überwindende Gestalt Gottes zu erkennen.“2 Wir wollen uns nicht in der Interpretation dieses Szenejargons üben, dass es gegen die Juden geht, wird jedoch klar. Wie viel Glaubwürdigkeit können ihre Versuche, sich als Vorkämpferin gegen Antisemitismus darzustellen, haben?

Es ist heutzutage in der Rechten Europas modern, Israel zu unterstützen, den vermeintlichen Vorposten gegen die „islamische Bedrohung Europas“. Dazu ist es auch nicht nötig, der antisemitischen Vergangenheit (die ja schließlich Privatsache sei) abzuschwören.

Das Redaktionskollektiv der Zeitschrift „Intifada“ steht hingegen tatsächlich in Kontinuität des antifaschistischen Widerstandskampfes gegen den Nationalsozialismus und somit gegen die Diskriminierung, Verfolgung und Vernichtung von Jüdinnen und Juden. Es hat sich immer von jeglicher Form antisemitischer Diskriminierung distanziert.

Die Zeitschrift „Intifada“ vertritt eine Linie der scharfen Kritik an der israelischen Politik und solidarisiert sich mit dem Aufstand (arab. „Intifada“) der Palästinser/innen gegen die militärische Besatzung durch die israelische Armee und für politische Selbstbestimmung.

Der Versuch, Kritik an Israel mit Antisemitismus gleichzusetzen, ist zwar nicht neu, doch Glaubwürdigkeit in der Mainstream-Öffentlichkeit hat er erst seit wenigen Jahren erlangt. Zeitlich fällt eine rege publizistische Verbreitung des Konzeptes vom so genannten „neuen Antisemitismus“ (der Kritik an Israel mit einschließt) mit dem Ausbruch der Zweiten Intifada im Jahr 2000 zusammen. Offensichtlich geht es darum, Kritik an der israelischen Besatzungspolitik und an systematischen israelischen Menschenrechtsverletzungen durch die Antisemitismuskeule mundtot zu machen.

Nichtsdestotrotz vertreten wir die Auffassung, dass jede/r, die/der gegen Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Judentum eintritt, ebenso selbstverständlich gegen Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu anderen Religionen und/oder Nationalitäten eintreten muss. Andernfalls ist er/sie nicht glaubwürdig.

Anders als Frau Winter setzt sich die Zeitschrift „Intifada“ per definitionem gegen die Diskriminierung von Menschen, Völkern, Nationen, Religionsgemeinschaften durch die herrschende globale Ordnung ein. Andernfalls würden wir sie nicht lesen oder für sie schreiben.

Förderungen hat die „Intifada“ übrigens niemals bezogen.

· Paula Abrams-Hourani, Kritische Jüdische Stimme (Österreich), Frauen in Schwarz (Wien)
· Waltraud Schauer, Palästina-Aktivistin und ehemaliges menschliches Schutzschild im Irak, Wien
· Peter Unterweger, pensioniert, ehemaliger leitender Funktionär des internationalen Gewerkschaftsbundes
· Franz Fischer, Basel, pensioniert, ehemals Vorsitzender der Angestelltenvertretung eines Novartis Forschungsinstitutes, Vertrauensmann der Gewerkschaft, Mitglied des ZK der Partei der Arbeit der Schweiz, Initiator der nationalen Demonstration „Jerusalem gehört allen. Gegen Rassismus!“ vom 31. März 2012 in Bern zur Unterstützung des „Globalen Marsches nach Jerusalem“
· Thomas Kukovec, Agrar-Biologe und Freier Autor (u.a. Intifada), langjähriger Menschenrechts- und Umweltaktivistaktivist, Sprecher der Südsteirischen Plattform gegen Atomgefahr von Krško; Leibnitz/Beirut
· MMag. Peter Melvyn, Wien
· Dr. Anna Maria Steiner, Theologin, Graz
· Mag. Irina Vana, Soziologin, Wien
· Natasha Stojanovic, Studentin, Wien
· Péter Székely, Ungarisch-Lateinamerikanische Gesellschaft, Budapest
· Reinhard Loidl, Freier Journalist, Filmemacher und Musiker, Universitätslehrender
· Verena Rajab, Journalistin, Stuttgart
· Leo Gabriel, Sozialanthropologe, Journalist und Mitglied des Rates des Weltsozialforums
· Elisabeth Lindner-Riegler, AHS-Professorin, Wien
· Gunnar Bernhard, Behindertenbetreuer, Wien
· Alfred Almeder, öffentlich Bediensteter, Wien
· Rüdiger Göbel, stellvertretender Chefredakteur „Junge Welt“, Berlin
· Stefan Kraft, Journalist, Wien
· Alexander Muth, Poet, Wien
· Gernot Bodner, Universitätsassistent, Wien
· Mustafa Ilhan, Journalist, Deutschland/Kurdistan
· Oliver Wirtz, kaufmännischer Angestellter Palästina-Aktivist, BRD
. Dr. Doris Höflmayer, Ärztin
. Elisabeth Gschaider, Autorin, Referentin der Länderdokumentation d. Asylgerichtshofes
. Stephan Haube, Autor des COMPACT-Magazins, Deutschland