Kann Tunesien die ägyptische Katastrophe vermeiden?

Reisebericht und Diskussion mit Imad Garbaya und Chihab Kraiem
Details
Date: 
Samstag, 14. September 2013 - 19:00
City: 
Wien
Österreichisch-arabisches Kulturzentrum, OKAZ, Gusshausstr. 14/3, 1040 Wien
Sit-In in Tunis-Bardo vor dem Parlament
Okaz Wien, Sa 14.9.13, 19h

Imad Garbaya ist ein ehemaliger politischer Flüchtling aus Gafsa, Südtunesien, einem Zentrum der Arbeiterbewegung und auch der Revolte von 2011. Im Sommer begab er sich der Aktivist der Linken auf eine Tour durch Tunesien. Chihab Kraiem ist Student und verbrachte den Sommer ebenfalls im Heimatland seiner Eltern.

Tunesien, das Land wo alles begann, scheint fast drei Jahren nach dem Sturz Ben Alis in einer Sackgasse zu stecken. Seit fast zwei Jahre führen die Islamisten eine Koalitionsregierung und halten die Mehrheit in der Verfassungsgebenden Versammlung – doch die Hoffnungen sind verflogen und die Perspektive haben sich eingetrübt.

Denn Ennahda (die tunesische Islamisten, die man als Mischung der ägyptischen Muslimbrüder, der türkischen AKP Erdogans sowie der Salafisten ansehen kann) hat es weder geschafft eine Verfassung zu schreiben, noch in der sozialen Frage (ein Kernanliegen der Revolte) etwas in Bewegung zu setzen, noch die zunehmende Gewaltwelle gegen politische Gegner glaubwürdig zu bekämpfen. Die zwei Morde an hochrangigen Oppositionsführern von der Linke bleiben bis dato ungeklärt.

Währenddessen haben Teile der alten Elite (die nicht zu Ennahda gewechselt haben) und Teile der Linksliberalen und Rechtsliberalen sich neu formiert und üben zunehmend Druck auf Ennahda aus: Sie fordern die Auflösung der Regierung und der Verfassungsgebenden Versammlung, die Bildung einer Regierung der nationalen Rettung sowie eines Komitees zur Ausarbeitung der Verfassung. Dann sollen so schnell wie möglich Neuwahlen abgehalten werden. In dieser Kampagne gegen Ennahda arbeiten sie teilweise mit der linken Front Populaire zusammen.

Doch die Verhandlungen stocken und Ennahda versucht auf Zeit zu spielen. Ein permanentes Sit-In vor dem Parlamentsgebäude in Tunis symbolisiert diese Forderungen und läuft seit mehr als einem Monat.

Scheitern die Islamisten, wenn es um Real-Politik geht? Warum schafft es die arabische Linke nicht, sich politisch zu profilieren? Und können die Forderungen des Aufstands gemeinsam mit den Islamisten und ihren Verbündeten realisiert werden oder nicht?