"Drop the (nuclear) Bomb" - Konferenz in Wien

08/05/2008

wenn die pazifistische Verkleidung abfällt...

"Sollte sich eine iranische Atombombe ohne Krieg verhindern lassen, so wären wir die ersten, die sich darüber freuen würden" - mit diesen Worten relativieren die Veranstalter eines zweitägigen Symposiums über die iranische Atombombescheinbar Forderungen nach einem atomaren Erstschlag gegen den Iran, die auf ihrer Konferenz aufgestellt worden sind. (Die Tageszeitung der standard berichtete, http://derstandard.at/?url=/?id=3325059)

Klingt ein bisschen weniger wild als Benny Morris, in dessen Statement der "unkonventionelle Schlag" gegen den Iran gefordert wurde. Ist aber im wesentlichen das gleiche: Nachdem die "Stop the Bomb" Veranstalter auch dem CIA nicht glauben, wenn dieser 2007 berichtet, dass es kein iranisches militärisches Nuklearprogramm mehr gibt, dann kann man auch davon ausgehen, dass sie letztlich jeden Militärschlag gegen den Iran begrüßen werden. "Wir würden uns freuen, sollte kein Krieg notwendig sein…": Mit solchen Worten hat noch jeder Aggressor seine Angriffskriege eingeleitet.

Vor einigen Monaten als "Stop the Bomb"-Kampagne begonnen, war es den Organisatoren gelungen einige prominente Unterschriften zu sammeln. Mit der Konferenz am 3. und 4. Mai ist die pazifistische Verkleidung aber abgefallen.

Die offenen Kriegsdrohungen scheinen einige Unterstützer der "Stop the Bomb" Kampagne nervös zu machen. In einem Leserbrief an den Standard distanzierte sich jetzt Walter Baier (Ex-Vorsitzender der KPÖ und Unterstützer des Aufrufs) von der Konferenz. Man darf allerdings die Frage stellen, ob mit (nuklearen) Bombendrohungen nicht von vornherein zu rechnen war, die Teilnehmer an der Konferenz waren ja bekannt. Als Beispiele: Menashe Amir arbeitet für das israelische Außenministerium in leitender Funktion. Patrick Clawson ist stellvertretender Direktor des "Washington Institute", war Professor an der "National Defense University" und schreibt im rechts-außen Blatt Washington Post. Michael Oren hat als Major der Reserve am israelischen Angriff auf den Libanon 2006 teilgenommen. In seiner Funktion als Kolumnist der Washington Post spricht er sich damals für sofortige israelische Militärschläge gegen den Iran und Syrien aus, auch wenn keine Atombomben gefordert werden. ("If Israeli soldiers and civilians are the targets of Iranian- and Syrian-backed terror, then the Iranian and Syrian militaries must become targets for Israel." Artikel)

Zweifellos werden nicht alle Unterstützer der "Stop the Bomb" Petition Nuklearschläge fordern. Im ursprünglichen Text ist davon auch nichts zu lesen. Kann sein, dass man einige ehrliche Leute eingefangen hat (die sich jetzt allerdings überlegen sollten, ihre Unterschrift zurückzuziehen).

Die Position der Organisatoren ist vollständig deckungsgleich mit den neokonservativen "defense intellectuals" in den USA: Die israelische und amerikanische Außenpolitik (und deren europäische Verbündete) sind an Gewalt und Krieg im Nahen Osten vollständig schuldlos. Die einzige Sprache, die die Gegner des Westens verstehen, ist die der Stärke: Kann heißen Wirtschaftssanktionen, kann heißen Gewalt. Wer verhandeln möchte, betreibt "Appeasement", wie einst Chamberlain gegenüber Hitler. Wenn die Gewalt keine erfreulichen Resultate bringt (etwa die Katastrophe im Irak, die israelische Niederlage im Libanon 2006, die entsetzliche Not im Gaza-Streifen…), dann sollte man die Dosis steigern - eben bis zum Nuklearschlag. Zivile Opfer werden dabei in Kauf genommen - Schuld sind in jedem Fall und ausschließlich die Anderen. Nach einigen Berechnungen hat die US-Politik im Irak seit den 90ern 2,5 Millionen Menschen das Leben gekostet, selbst die USA geben Hunderttausende Tote zu: offensichtlich genug moralische Berechtigung für einen atomaren Erstschlag gegen den Iran (obwohl man sich natürlich freuen würde, "sollte sich eine iranische Atombombe ohne Krieg verhindern lassen").

Die "Stop the Bomb"-Organisatoren haben eine "Drop the Bomb"-Konferenz abgehalten. Ziel ist die Verankerung einer europäischen Politik an der Seite der aggressivsten Fraktionen der US-Außenpolitik und der militaristischen Rechten in Israel. Ein Programm, übernommen von den amerikanischen Neokonservativen. Eine Logik der Eskalation, eine Logik des "antiterroristischen" Kulturkampfes, eine imperiale und militaristische Logik. Eine neue Form des Rechtsextremismus.

AIK