Weder Hofer noch Van Der Bellen!

14.09.2016
Von Albert F. Reiterer
Nicht das kleinere Übel, sondern eine radikale Opposition gegen Neoliberalismus und EU

So belanglos eine Bundespräsidentenwahl in operativer Sicht ist, so überragenden Symbol­wert hat sie in diesem Jahr für die politische Klasse bekommen. Die Regierungsparteien brachen im ersten Wahlgang komplett zusammen. So versuchten sie zu retten, was sie glaubten retten zu können. Die Bürokratie spielte mit und zeigte sich unfähig, im zweiten Wahlgang einen sauberen Ablauf zu organisieren. So wählen wir also nochmals –

nein, wir nicht!

In ihrer Verzweiflung setzt die politische Klasse, vielmehr jener Teil, der gerade am Ruder ist, in ihrer Mehrheit auf einen Schein-Oppositionellen. Der andere Teil, nämlich ein Teil der ÖVP, beginnt aber ein politisches Spielchen, und hat noch nicht begriffen, dass sie dies so oder so verlieren wird.

Für die Staatstragenden aber soll nun ein „Alternativer“ die Lage retten und ihnen den endgültigen Legitimationsverlust und die Blamage ersparen. Alexander van der Bellen steht schließlich für Alles, was sich die Eliten wünschen. Vor allem will er Österreich noch schneller an Brüssel und Berlin verscherbeln, dass nicht hier die Bevölkerung noch was anstellen kann. Die Sanktionen gegen Russland, die den Frieden in Europa gefährden, trägt er EU-konform mit.

Solche unabhängige Bürgerinnen und Bürger wie der alte Korruptionist Androsch oder Ferdinand Lacina, der Ex-Finanzminister, der den Unternehmen das größte Geschenk in der Zweiten Republik machte, der Waldheim-Schwiegersohn Othmar Karas und die Astrologin Verena Piatti wissen schon, warum sie sich ihn wünschen.

Ihm gegenüber steht ein Burschenschafter, der auf seine altmodische Weise dasselbe will. Mutig kritisiert er die EU für etwas, was inzwischen kaum noch wer will, den Beitritt der Türkei in den Club nämlich. Sein Auftraggeber, Strache, versichert gleichzeitig augen­zwinkernd: Ist Alles halb so wild. Wir sind ja ohnehin für die EU!

Was die islamophobe Kampagne betrifft, da gibt es sowieso einen All-Parteien-Konsens für verordnete Aufklärungswerte, mehr Repression sowie Unterstützung der fortgesetzten kolonialen Landnahme Israels. Aber dieser Zusammenhang mit der islamischen Mobilisierung darf nicht thematisiert wird.

Und da glauben aufrechte Antifaschisten, sie müssten sich auf die Seite der Eliten stellen.

Wer heute gebannt auf die Folklore-Truppe der Paintball-Spieler mit ihren schönen Stiefeln starrt und davor den autoritären Staat von Van Der Bellen, Merkel, Hollande und Juncker nicht sieht; wer das alte ausgedünnte Gespenst beschwört, aber die neue Wirklichkeit von Ausnahmestaat und Notstandsverordnungen, von Lohnverlust unten und überbordenden Luxus oben wegwischt; wer der Globalisierung nur schöne Worte entgegensetzt und wirk­same Regulierung mittels Nationalstaat als rechtsnationalistisch diffamiert, mit dem haben wir politisch nichts gemein.

Wer braucht übrigens den Bundespräsidenten? Das fragen sich mittlerweile viele aufmerksa­me Zeitgenossen. Er hat keinerlei operative Funktion. Das Einzige, was er von sich aus tun kann, ist seine Rolle bei der Regierungsbildung. Für Alles andere braucht er einen Vorschlag von Regierung oder Minister. Er hat eine rein hegemoniale Funktion: Er soll die politische Klasse legitimieren.

Überlassen wir die Eliten und ihre Hilfstruppen ihre DPT-Spiele („Das politische Talent“). Warum sollten wir daran teilnehmen? Das ist nichts als Ablenkung von dringlichen Proble­men, der Bildung einer sozialen und demokratischen Opposition gegen das neoliberale EU-Regime. Vor einer FP-Regierungsbeteiligung brauchen wir uns nicht fürchten. Sie wird leichter zu bekämpfen sein, als die Große Koalition. Unterschichten, Proletarier und Plebeier, müssen die notwendige Erfahrung machen: Die Oligarchie führt die FP ebenso am Nasenring wie die SP. Für uns gilt:

Weder Van Den Bellen noch Hofer!

Albert F. Reiterer, 13. September 2016