Bericht aus einer belagerten Stadt

21.10.2001

Bethlehem, Palästina

Liebe Freunde,

Herzliche Gruesse aus Bethlehem.

Vor zwei Tagen wurden 3 politisch aktive Palästinenser durch einen Bombenanschlag von den Israelis in Bethlehem getötet, einige Stunden später als eine Reaktion auf dieses Attentat haben Palästinenser auf die Siedlung Gilo geschossen, die israelische Armee hat scharf reagiert und marschierte dann in die Stadt Bethlehem und Beit Jalla mit Panzern ein.
Die letzten zwei Tage und Nächte waren sehr schwierig für die Bewohner von Bethlehem, Beit Jalla und Beit Sahour, da die Israelis mit Panzern, Maschinengewähren und Kampfhubschraubern auf die Stadt schießen, es ist wie im Krieg. Fast die ganze Welt beschäftigt sich mit dem Krieg in Afghanistan und die Israelis nützen das aus. Die Israelis haben in der Stadt hohe Gebäude besetzt und von dort schiessen sie auf die Palästinenser. 13 Zivilisten sind tot darunter sind 3 Mütter und 3 junge Christen, ueber 50 Personen wurden verletzt, das ist das Ergebnis der letzten Horror Tage in Bethlehem. Gestern Abend ist ein palästinensischer Christ, als er von der Geburtskirche rausging, von einer Kugel ins Herz getroffen worden, er war sofort tot. Keine Strasse in Bethlehem ist mehr sicher, da die israelische Soldaten von allen Richtungen auf die Stadt schiessen.

Wir können seit zwei Tagen keine Lebensmittel kaufen. Es gibt viele Familien die gar nichts zum Essen haben, momentan fahren die Krankenwagen in den Strassen von Bethlehem und rufen die Leute auf, Lebensmittel für die Familien die ihre Hauser nicht verlassen dürfen, zu spenden. Wo mein Bruder wohnt, ist Bethlehem wieder von den Israelis besetzt, ein Panzer steht vor seiner Tür. Er, seine Frau und seine fünf Kinder können das Haus nicht verlassen. Gestern konnten wir mit Hilfe von einem Krankenwagen ihm Lebensmittel bringen.

Wir leben in einer Situation voller Angst vor der Zukunft, wielange noch muss das palästinensische Volk leiden? Wird unsere Generation noch Frieden erleben? Werden unsere Kinder einen Gerechten Frieden erleben? Das sind Fragen, die man nicht beantworten kann aber die Zukunft wird sich zeigen. Eins dürfen wir nicht vergessen, wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben, ein Ende des dunklen Tunnels muss es geben, wo man endlich die Sonne der Gerechtigkeit sehen wird. Hoffnung muss auch in unsere Kindern gepflanzt werden damit sie später Früchte trägt.
Was wir nicht geschafft haben, können vielleicht unsere Kinder tun.

Herzliche Grüsse aus dem Land, das dringend Frieden braucht.

Euer
Daoud Nassar