„Lassen wir ihnen den lieben Gott hinter den Wolken“
9/10/2017 · Von Michael Wengraf
Ein Plädoyer für die Verteidigung der Gewissensfreiheit durch die radikale Linke
Die hierorts so beharrlich betriebene Verknüpfung von Islam und Terrorismus ist ein funktionelles Konstrukt. Sie dient vor allem dazu, die momentan einzig erwähnenswerte – wenn auch untaugliche – Gegenwelt zur globalen kapitalistischen „One World“ zu punzieren. Im Narrativ über den Kampf von „Gut gegen Böse“ soll die rechte Gewichtung geschaffen und der „Feind aller Menschlichkeit“ plakativ und für alle erkenntlich zur Schau gestellt werden. Propagandistisch geschickt mit in den Fokus gerückt wird dabei immer wieder die sogenannte „Rückständigkeit“ des Islam, die als Gegenpol zu einem „fortschrittlich-liberalen und säkularen Abendland fungiert.
Bequemerweise für die Eliten geht das einher mit der Einschränkung von bürgerlicher Freiheit; konkret sind …
[weiterlesen]Demokratisch – Sozial – Souverän – Neutral: Symposium
Ein handlungsfähiger Pol für eine solidarische, demokratische und ökologische Wende
5/10/2017
Wer von der EU nicht reden will, der soll auch über den Kampf gegen den Neoliberalismus schweigen.
Am 30. September 2017 trafen sich in Wien mehrere Dutzend in Betriebs- und Gemeinderäten, in Gewerkschaften, politischen Organisationen und Initiativen tätige Menschen, um auszuloten, wie eine politische Kraft zur Überwindung des neoliberalen Regimes in Österreich gebildet werden kann.
Ausgangspunkt sind die Begriffe: demokratisch, sozial, souverän und neutral, die auch von einer großen Mehrheit der Menschen in Österreich geteilt und getragen werden.
Doch diese wurden und werden durch das herrschende Establishment in eine Politik transformiert, die sich gegen die Interessen der Menschen richtet. Die Ankündigung einer Reform gilt heute als Drohung. Die Forderung nach Reformen kündigt von weiteren Angriffen auf das Pensions-, Gesundheits- und Bildungssystems. Der Ruf nach …
[weiterlesen]USA werden in Mosul einen General an die Macht hieven
20/9/2017
Interview mit Awni al Kalemji von der Irakischen Patriotischen Allianz (IPA), die Teil des politischen Flügels des irakischen Widerstands gegen die Besatzung war.
F: Vor zwei Monaten wurde Mosul zurückerobert. Welches politische Projekt gibt es seitens der Sieger?
A: Ich habe keine internen Informationen, aber für die USA ist das eine entscheidende Frage. Aber eines ist sicher: Sie werden die Al-Hashd Al-Shaabi (Volksmobilisierungseinheiten, PMU) keine Rolle spielen lassen. Es soll keinen iranischen Einfluss geben. Das sieht auch die Türkei so, die ein wichtiger Spieler ist.
Noch sind die Details nicht klar, aber die USA werden irgendeinen General aus dem Hut zaubern, so wie Najim al-Jubouri, der die Operation gegen Mosul kommandierte. Er hat jahrelang in den USA gelebt. Es gibt auch andere Namen, einige davon ehemalige Baathisten.
F: Was ist mit den Vertriebenen? Könnte sich ein Szenario wie in Falluja wiederholen, wo diese monate- oder …
[weiterlesen]Mosul: Ohne Selbstverwaltung kein Frieden
Oder: warum sind US-Bomben auf Mosul humaner als russische auf Aleppo?
20/9/2017 · Von Wilhelm Langthaler
Nur mit äußerster Gewalt konnte Mosul vom IS zurückerobert werden. Vielfach vernahm man Berichte, die die Operation als Rachefeldzug erscheinen lassen. Selbst viele Wochen nach der Siegesmeldung gibt es kein Anzeichen dafür, dass die Bagdader Regierung Bereitschaft hätte, die lokale Bevölkerung politisch einzubinden. Es deutet alles auf eine fortgesetzte quasi-militärische Herrschaft, die auf Ablehnung in der Bevölkerung stoßen wird. Damit ist auch vorauszusehen, dass der Bürgerkrieg und der Jihadismus sich in der einen oder anderen Form fortsetzen werden.

Eine weitere Episode im Kampf ums Zweistromland
Der Westen zeichnet ein klares Bild im irakischen Konflikt – das Gute, geleitet von den USA, führt einen unversöhnlichen Kampf gegen das Böse, den IS, der die Welt bedroht. Bei so einer epochalen Schlacht darf man natürlich nicht zimperlich sein.
Die gesellschaftliche Realität ist, wie immer, viel komplexer und kann ohne den historischen Kontext gar nicht verstanden werden. Im Großen gesehen handelt es sich um eine weitere Schlacht im Krieg um das Zweistromland, wie er zumindest seit 1980 andauert, als der Erste Golf-Krieg begann. Schon damals hatten die Groß- und Regionalmächte einen wesentlichen Anteil daran. Wenn man will, kann man den Konflikt auch viel weiter zurückverfolgen, denn das Zweistromland war nicht nur Wiege …
[weiterlesen]Die EU, die nationale Frage und Lenin
11/9/2017 · Von Michael Wengraf
"In Mittelasien und dem Kaukasus schuf die Sowjetmacht sogar ein paralleles Rechtssystem, in dem die islamischen Gerichte in Übereinstimmung mit den Schariagesetzen neben den sowjetischen Rechtsinstitutionen Recht sprachen. Die Menschen sollten die Wahl zwischen religiöser und revolutionärer Gerichtsbarkeit haben.Auch dieses Herangehen ist typisch für Lenins Methodik: Die Toleranz gegenüber der Scharia war eine Anerkennung der Tatsache, dass der islamische Konservativismus nur mittels eines Bruchs mit der großrussischen chauvinistischen Politik zurückgedrängt werden konnte. "
Lenins Herangehen an die Nationen- bzw. Nationalitätenfrage erweist sich heute noch in vielerlei Hinsicht als hochaktuell. Die Nation dominiert – trotz gegenteiligem Anschein – auch gegenwärtig kapitalistische Staatlichkeit als Organisationsform. Konkurrenz, sowohl zwischen einzelnen Unternehmen wie auch zwischen Nationen bzw. zu Blöcken geeinter Staaten, ist dem System immanent geblieben; ebenso wie der Drang nach Vereinheitlichung und Vereinigung zu Lasten Dritter. Letzteres geschieht weltweit durch die Tendenz zum Monopol, durch supranationale Bündnisse der Mächtigen – wie die EU eines ist – oder einfach durch global organisierten Neokolonialismus.
Lenins grundsätzlicher Standpunkt in der nationalen Frage könnte wie folgt zusammengefasst werden: Solange es den …
[weiterlesen]Italien: Patt der Perspektivlosen auf dem schlafenden Vulkan
Sizilianische Wahlen im November als Testlauf
9/9/2017 · Von Wilhelm Langthaler
Eine Annäherung an die unhaltbare Lage in Italien und das „Rebellische und souveräne Italien“
Vom 1.-3. September 2017 fand in Chianciano Terme, in der Toskana, die Zweite Versammlung der CLN, der „Konföderation für die Nationale Befreiung“, deren Akronym nicht zufällig identisch mit jenem des Komitees der antifaschistischen Kräfte von 1943 ist. Das Motto lautete „Italia ribelle e sovrana“, inspiriert von Mélenchons „France insoumise“, dem sich nicht unterwerfenden Frankreich.
Die Grundannahme der Initiative lautet, dass dieses aufständische Italien bereits existiere. Es habe sich im Referendum vom 4. Dezember 2016 manifestiert, als das Volk den neoliberalen Renzi-Putsch im Dienste der EU-Oligarchie mit fast Zweidrittel hinwegfegte. Man will die Lehren aus der griechischen Tragödie ziehen: Dort hatte 2015 das Volk das neokoloniale Diktat von Brüssel und …
[weiterlesen]Treffen ungarischer Linksopposition
Konferenz marxistischer und linker Parteien und Kräfte in Budapest 2017
27/8/2017 · Aug und Ohr
Das Konzept einer gesamtgesellschaftlichen Klassenveränderung mit der Steigbügelhilfe konkreter Reformprogramme und radikaler Opposition zum Regime (und System) findet sich in Ungarn nur ein bei einem relativ kleinen, -aber immer besser organisierten Teil der Bevölkerung, der seiner Ziele bewußt ist, aber auch weiß, daß er noch längere Zeit an Hegemonie nicht denken darf.
Es ist dies ein Synergiebereich aus MEBAL („Vereinigte Ungarische Linke“), Munkáspárt 2006 („Arbeiterpartei 2006), einem sehr aktiven Rest der Zöld Baloldal (Grünen Linken) sowie NGOs, Basisorganisationen und Bewegungen. Die MEBAL versteht sich als marxistische Basisorganisation und als Forum des Austausches zwischen linken Kräften und fortschrittlichen Bewegungen und stützt sich auf einen Zusammenschluß von marxistischen Historikern , Soziologen und Wirtschaftswissenschaftlern wie Wirtschaftswissenschaftlerinnen, wie etwa dem mehrere Funktionen innehabenden und international präsenten Mátyás Benyik, dem feurigen Soziologen Attila Melegh, dem scharf und hart formulierenden Tamás Krausz, dem umtriebigen Gáspár Miklós Tamás und, nicht zu vergessen der …
[weiterlesen]Das neue Politische Dokument der Hamas
In bedrängter Lage zwischen Nationalcharta und Pragmatismus
23/8/2017 · Von Wilhelm Langthaler
Das am 1. Mai 2017 vorgestellte neue Grundsatzdokument stellt sich in Inhalt, Argumentation und Sprache eindeutig und signalhaft in die Tradition der palästinensischen Befreiungsbewegung (und damit indirekt auch der Linken). Das ist angesichts der bewaffneten Aufstände der Jihadisten keine Selbstverständlichkeit und könnte dem Widerstand helfen, den Jihadismus politisch zurückzudrängen. Gleichzeitig bietet Hamas als „nationalen Konsens“ einen bisher abgelehnten palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967 an – interpretierbar irgendwo zwischen taktischem Schachzug, Öffnung gegenüber Anderen und Zugeständnis an die äußeren Unterstützer.
Zuerst möchte ich die wesentlichen Positionen des Papiers (http://hamas.ps/en/post/678/a-document-of-general-principles-and-policies [Dieser Link funktioniert nicht mehr, was die zunehmende Repression anzeigt. Hier alternativ jewishvirtuallibrary.org) zusammenfassen, was jedoch niemanden dazu verleiten sollte, dieses wichtige Dokument nicht selbst zu lesen:Juden ungleich Zionisten„§16. Hamas affirms that its conflict is with the Zionist project not with the Jews because of their religion. Hamas does not wage a struggle against the Jews because they are Jewish but wages a struggle against the Zionists who occupy Palestine. Yet, it is the Zionists who constantly identify Judaism and the Jews with their own colonial project and illegal entity.“Zunächst korrigiert Hamas den enormen …
[weiterlesen]KPÖ: Ein unmoralisches Angebot
19/8/2017 · Von Michael Wengraf
In Mitteilungen der Klahr-Gesellschaft wird EU-Verbleib propagiert und gegen Euroexit polemisiert
In ihrem materiellen Kern ist die Europäische Union ein Vehikel zur Beförderung der Angelegenheiten ganz bestimmter – vor allem deutscher – Kapitaleigner und Konzernchefs. Denen gelingt es allerdings perfekt, dieses Instrument von Herrschaft als im allgemeinen, die ganze Gesellschaft umfassenden, Interesse stehend darzustellen. In krassem Gegensatz zu allen verfügbaren Fakten wird die EU als Friedensprojekt, Mehrer des Wohlstands und ebenso demokratischer wie alternativloser Überwinder nationaler Borniertheit inszeniert.
Um solch einen realitätsfernen Narrativ durchzusetzen, bedarf es einiger Arbeit. Für deren Erledigung wiederum ist die sogenannte Zivilgesellschaft, von Antonio Gramsci als „zweite Front“ des Kapitalismus beschrieben, zuständig. Neben den …
[weiterlesen]Venezuela nach der Einberufung und Wahl einer neuen verfassungsgebenden Versammlung.
4/8/2017
Warum wir in diesem historischen Augenblick die Regierung Maduro gegen die rechtgerichtete Opposition unterstützen, aber gleichzeitig wenig Hoffnung in sie setzen.
1. Nach allen international anerkannten Regeln hat die Bevölkerung mit knapp mehr als 40% Wahlbeteiligung eine neue verfassungsgebende Versammlung gewählt, wie auch von der internationalen Wahlbeobachterkommission bestätigt wurde. Diese soll und wird in den nächsten Wochen zusammentreten, um eine Reform der Verfassung zu diskutieren und zu beschließen. Entgegen der allermeisten Erklärungen der internationalen Presse soll und kann diese nicht das Parlament ersetzen. Im Gegensatz zu den Meldungen der Mainstreampresse ist dies kein Schritt in Richtung Diktatur, wie die Opposition behauptet. Grundsätzlich ist die Medienhetze gegen die Regierung Maduro wieder einmal von besonderer Qualität. Kein Artikel, selbst in den linksliberalen Medien, indem nicht mindestens vor der totalen …
[weiterlesen]Was der Oktober lehrt
Die Revolution und das Prinzip Hoffnung
13/7/2017 · von Michael Wengraf
„Wo also die Vorstellung eines besseren, schließlich wohl vollkommenen, da findet Wünschen statt, gegebenenfalls ungeduldiges, forderndes“, so Ernst Bloch.(1)
Am Beginn jeder bewussten Veränderung steht der Wunsch nach Verbesserung. Zuerst macht er sich individuell bemerkbar. Und zwar als das Interesse, die eigene Situation erträglich und endlich lebenswert zu gestalten. Wenn dies aber der individuelle Wunsch vieler ist, dann wird er schließlich zum kollektiven Verlangen.
Das kollektive Verlangen als Triebkraft der Oktoberrevolution, die sich heuer zum hundertsten Mal jährt, hatte sicher wenig mit einem voll ausgeprägten Bild der neuen perfekten Welt, also kaum etwas mit Sozialismus unmittelbar, zu tun. Es waren die einzelnen elementaren Bedürfnisse der Individuen, die als Triebkräfte wirkten. Wie zum Beispiel jene nach Brot und Kleidung sowie nach Beendigung eines für das Volk desaströsen Krieges: Sich satt essen, es warm haben und …
[weiterlesen]Nach dem G20-Gipfel in Hamburg
Was war und was bleibt? Ein Kommentar.
9/7/2017 · von Thomas Zmrzly
Wer auch nur einige Tage in Hamburg während des G20-Gipfels verbracht hat, der oder die konnte neben einer Schule der Demokratie das eine oder andere Problem oder das Fehlen eines oder mehrerer gemeinsamer Ziele und dessen Auswirkungen zur Kenntnis nehmen.

1. Wie fast nach allen großen Versammlungen der letzten Jahre (G7, G8, EU-Gipfel), bleibt offiziell oder besser in den Mainstreamnachrichten von den Gegenprotesten nur mehr die Gewaltfrage als wesentlicher Baustein mit Nachrichtenwert übrig. Die Auseinandersetzungen im Schanzenviertel Freitag- und Samstagnacht mit ihren Bildern von brennenden Autos und Barrikaden einerseits, und einer martialisch aufgerüsteten Polizei(armee) aus Räumpanzern, Wasserwerfern und Polizeirobocops überstrahlen alles. Tatsächlich aber wurde das ganze Geschehen von Anfang an durch die Staatsmacht und ihre Repressionskräfte in diese Richtung gelenkt. Anfang der Woche waren mehrfach angemeldete Zeltlager widerrechtlich durch die Polizei geräumt worden, obwohl jeweils höhere Instanzen deren Bestand …
[weiterlesen]Ukraine: weiterer Schlag gegen Oppositionsmedien
Der fortgesetzte Fall Igor Guzhva
2/7/2017 · von Sergei Kiritschuk
Die ukrainischen Behörden erhöhen den Druck auf die wenigen verbliebenen Medien oppositioneller Kräfte. Journalisten, die sich noch getrauen die Regierungspolitik zu kritisieren oder Korruptionsvorwürfe gegen Regierungsfunktionäre zu erheben, werden mundtot gemacht.

Am 22. Juni 2017 stürmten zwei Dutzend Mann des ukrainischen Geheimdienstes SBU die Räumlichkeiten von strana.ua, einer wichtigen Website der Opposition.
Der Chefredakteur Igor Guzhva wurde festgenommen und in Untersuchungshaft verbracht. Die Arbeit der Redaktion wurde mit der Begründung blockiert, dass Untersuchungen wegen Fälschungen im Gange seien. Seine Stellvertreterin, Svetlana Kryukova, gab an, dass die Redaktionsräume vom SBU besetzt worden wären.
Ein Gericht in Kiew bestimmte, dass Guzhva durch die Hinterlegung einer Kaution von rund USD 20.000 auf freien Fuß gesetzt werden könnte. Doch seine Anwältin Olena Lukash, die frühere Justizministerin, gab bekannt, dass die Kaution bereits bezahlt worden wäre doch Guzhva dennoch nicht frei wäre.
Guzhva wird …
[weiterlesen]Golf-Monarchien: Streit über Instrumentalisierung des Islamismus
Was uns das Zerwürfnis zwischen Riad und Doha sagen kann
25/6/2017 · von Wilhelm Langthaler
Viele sind von der Wucht des saudischen Angriffs auf ihren kleinen Bruder Qatar überrascht – haben sie nicht alle den Jihadismus unterstützt? Ein Blick auf den Kern des Streits kann helfen allzu simple Erklärungsmuster zu überwinden.

Formal gesehen ist Qatar der Saud-Monarchie am ähnlichsten, denn das Thani-Regime bekennt sich offiziell ebenfalls zum Wahabismus, was für die anderen Golfdiktaturen nicht gilt. Doch gerade diese scheinbare Übereinstimmung ist hilfreich um zu verstehen, dass der ideologisch-konfessionelle Faktor trotz allem für die Sauds nicht der entscheidende ist.
Die Saud-Monarchie ist – neben Israel – die wichtigste Stütze der von den USA geführten globalen Ordnung in der Region. Der Arabische Frühling war akutes Zeichen deren Brüchigkeit. Die Sauds kennen da nur eine Sprache – hau drauf, direkte Repression. Sie sind die offenen Feinde jeglicher demokratischen und linkssäkularen Bestrebungen, aber eben auch jeder Infragestellung des monarchischen Prinzips und sei es durch islamische …
[weiterlesen]V. Rao, Rebellendichter, spricht zu Wiener Indien-Debatte
Telugu-Schriftsteller und Literaturkritiker, sowie Exponent der Bauernbewegung und Kämpfer für den Teilstaat Telangana
18/6/2017 · von Wilhelm Langthaler
Varavara Rao hat die moderne Literatur in Telugu begründet und ist gleichzeitig ihr wichtigster Philologe. Er hat die Dichtung mit der sozialen Bewegung der Unterdrückten verbunden, über Jahrzehnte Literaturzeitschriften herausgebracht und Teleugu gelehrt.

Ursprünglich aus der Brahmanen-Kaste stammend, hat er sich bereits in den 1950er Jahren den Befreiungsbewegungen der Bauern und Dalits (Unberührbaren) angeschlossen. In den 1970er Jahren wuchsen die Naxaliten, die vom Maoismus inspirierte Bauernguerilla, in Andra Pradesh zur Massenbewegung an. Rao wurde verhaftet. Er verbrachte viele Jahre seines Lebens in Gefängnissen. In den 2000ern war er als Vermittler in Friedensgesprächen zwischen Regierung und Maoisten tätig.
Rao war auch Fürsprecher für einen separaten Teilstaat Telangana, in dem sich alle politischen, sozialen und kulturellen Forderungen der Volksopposition bündelten. Tatsächlich wurde dieser Staat dann 2014 geschaffen.
Heute ist Varavara Rao Präsident der teil-illegalisierten Revolutionary Democratic Front. Ihr …
[weiterlesen]Demokratisch-sozial-souverän-neutral
Demokratisch-sozial-souverän-neutral
11/6/2017 · Von Wilhelm Langthaler, unter Mitarbeit von Michael Wengraf
Vorschläge für eine österreichische Systemopposition
Neuwahlen – und wieder keine Hoffnung auf Veränderung im Sinne der Mehrheit?! Dieser unerträgliche Zustand treibt uns um und an. Wir wollen unter den Interessierten ausloten, wie man einer Opposition der Unter- und Mittelschichten, die sich in einigen europäischen Ländern bereits zu artikulieren beginnt, Wege ebnen kann.
Dafür schlagen wir vier programmatische Achsen vor. Sie sollen dazu dienen, eine wirkungsvolle Systemopposition zu entwickeln. Es handelt sich um die Begriffe: „demokratisch“, „sozial“, „souverän“ und „neutral“. Was sie politisch bedeutsam macht, ist, dass ihnen fast jeder zustimmen würde. Allerdings, das ist gleichzeitig problematisch an ihnen, sind alle vier so allgemein und so unverbindlich, dass auch die herrschenden Eliten sie für sich in …
[weiterlesen]Alles oder nichts – Weichenstellungen für die syrischen Kurden vor Raqqa
Benutzen oder benutzt werden?
9/6/2017 · von Wilhelm Langthaler
Die Kurden sind mit dutzenden Millionen die größte Volksgruppe der Welt mit nationalen Ambitionen. Ein Jahrhundert lang wurden ihnen von den Groß- und Regionalmächten mittels blutiger Repression nicht nur ein Nationalstaat, sondern auch substantielle Minderheitenrechte verweigert. Der US-Krieg gegen den Irak hat das Bild jedoch geändert – allerdings mit der Folge des anhaltenden Bürgerkriegs, der dauerhaften Präsenz fremder Truppen sowie blockierter Entwicklung und sozialen Zerfalls. Kündigt sich in Syrien Ähnliches an, sowohl im Allgemeinen und insbesondere was die Kurden betrifft?

Kurden im Irak – Präzedenz?
Solange die Nachkriegsordnung halbwegs stabil war, gab es für die irakischen Kurden wenig Spielraum, wenn auch noch mehr als in den anderen Ländern. Seit dem US-geführten Krieg gegen den Irak 1991 betrachtet Washington die irakischen Kurden jedoch als Bündnispartner, was ihnen die Erlangung eines Autonomiestatus ermöglichte. Mit dem US-Krieg 2003 kam es dann zu einer De-facto-Selbständigkeit einschließlich der Verfügung über die Erdölressourcen. Nur die De-Jure-Unabhängigkeit wollten die USA nie einräumen – aus Rücksicht auf ihre Verbündeten, deren Grenzen damit auch indirekt in Frage gestellt werden würden. Das gilt vor allem für die Türkei, die auch ein Mitglied der Nato ist.
Auch Israel unterstützt die irakischen Kurden, weil …
[weiterlesen]Das Referendum im Nordirak und der Angriff auf Raqqa
Der Beginn eines neuen Krieges im Irak? Oder eine historische Chance für einen demokratischen Staat Kurdistan?
8/6/2017 · Von Jörg Ulrich
Am 07.06.2017 kündigte der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete im Irak, Massud Barzani, für den 25. September 2017 ein Referendum zur Unabhängigkeit an. Diese Ankündigung folgte dem Beginn der sog. Großen Schlacht zu Eroberung der arabischen Stadt Raqqa am 06.07.2017 durch ein Bündnis kurdischer Einheiten und den USA. Mit dem Beginn der "großen Schlacht" zur Eroberung von Raqqa zeichnet sich zunehmend die Niederlage der Aufständischen von Anbar ab.
Die Ankündigung eines Referendums über die Abtrennung der kurdischen Autonomiegebiete im Irak lassen die Konturen einer "Neuordnung" für die politische Ordnung der Region erahnen. Doch wer nun glaubt die aus historischen Gründen verständliche Freude der Kurden teilen zu müssen - oder gar den Sieg der "Revolution" in "Rojawa" herannahen zu glauben meint, wird sich meiner Befürchtung nach schnell die Augen reiben. Denn die Unabhängigkeit eines von US-amerikanischen Gnaden abhängigen Kurdistans wird der Auftakt einer neuen Runde im Bürgerkrieg im Irak und in Syrien sein: nämlich um die Ressourcen dieser Länder.
Die Sieger dieser erreichten Unabhängigkeit werden nicht die "Helden" und "Befreier" der US-amerikanischen Hilfstruppen der SDF sein! Vielmehr wird sich der politische …
[weiterlesen]Nach den Landtagswahlen in NRW: Eine etwas andere Wahlauswertung oder was ist eine siegreiche Niederlage?
29/5/2017 · Von Thomas Zmrzly
Analyse zu dem Ausgang der Wahlen in NRW

1. Allgemeine Stimmung vor den einzelnen Landtagswahlen war und ist, dass in verschiedensten Umfragen zwischen 60 – 80% der Befragten mit ihrer eigenen wirtschaftlichen Situation zufrieden oder sehr zufrieden sind. Im Gegensatz dazu haben bis zu 80% der Wählerinnen und Wähler in Frankreich vor den Präsidentschaftswahlen geäußert mit ihrer Situation unzufrieden zu sein. Hier wird deutlich wie sonst nirgends, dass Deutschland Gewinner der Krise und des €uro-Regimes ist, während selbst Frankreichs Ökonomie darunter grundsätzlich leidet. Obwohl es einigen Wechsel der Wählerinnen und Wähler aus dem Nichtwählerlager und zwischen den Parteien gegeben hat, ist dies nicht einfach in Stimmen für die Linke umzusetzen. Der Wechsel hat allein überwiegend im bürgerlichen Lager statt …
[weiterlesen]Nachlese zur Veranstaltung "Frieden in der Türkei?"
Video der Veranstaltung von "Idealism prevails" zur Verfügung gestellt
7/5/2017
Seit Monaten beherrscht der Diskurs um und über die Türkei die nationalen und europäischen Schlagzeilen.
Erdogan hier, Kopftuch da, Putsch dort, Kurdenfrage, Todesstrafe, Verfassungsreferendum, NATO Mitgliedschaft, Syrienkrieg, Flüchtlingswelle und in der Folge Deal mit der EU usw… Hier gibt es das Video der Veranstaltung
Viele Fragen werden offenbar erst gar nicht gestellt, da man dann ja womöglich die gewohnten Erzählungen hinter sich lassen müsste…
Wir von Idealism prevails haben uns daher vorgenommen hinter diese Kulissen zu schauen, tiefer zu blicken und nachzusehen.
Also warum ist Erdogan so populär bei so vielen Türken? Was hat es jetzt genau mit der HDP, der AKP, den Kemalisten und den Religiösen auf sich und wer kann nun mit wem oder auch nicht und warum? Welche Rolle spielen die USA und Russland in all dem? Und vor allem wer schiebt hier wen warum und weshalb durch die Gegend?
Eine tolle Gelegenheit all diesen Fragen auf den Grund zu gehen bot eine hoch karätig besetzte Veranstaltung der Antiimperialistischen Koordination (AIK), die am 19. April 2017 im Amerlinghaus …
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